Konzern will sparen: Bremsspuren bei der Bahn
Die Transportflaute reduziert das Halbjahresergebnis der Deutschen Bahn um 40 Prozent. Chef Grube will sparen. Ob die Fahrpreise steigen, soll erst im September verkündet werden.
BERLIN taz | Ohne Grundstücksverkäufe und andere Sondereinnahmen würde die Deutsche Bahn AG in diesem Krisen-Halbjahr nur ein winziges Plus einfahren. So konnte der neue Konzernchef Rüdiger Grube immerhin einen Ertrag von 547 Millionen Euro für die ersten sechs Monate 2009 verkünden - das ist ein Minus von 40 Prozent im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum.
Vom Börsengang des Staatsunternehmens ist erst einmal nicht mehr die Rede. Der Kapitalmarkt gäbe zurzeit einfach zu wenig her, erklärte Grube. Noch vor kurzem war spekuliert worden, dass der Ex-Daimler-Manager das Herzensziel seines Vorgängers als Bahn-Boss, Hartmut Mehdorn, für 2011 anpeilte.
Grube hat in den ersten 112 Tagen seiner Amtszeit bei der Bahn bereits zahlreiche Manager entlassen - nach den Daten-, Sicherheits- und PR-Skandalen in den vergangenen Monaten betonte er fast aufdringlich oft, wie wichtig ihm Werte wie Glaubwürdigkeit und Respekt seien. Ansonsten will der neue Bahnchef massiv sparen: Die Schulden, die sein Vorgänger durch weltweite Einkäufe auf fast 16 Milliarden Euro hochgetrieben hatte, sollen radikal abgebaut werden; schließlich zahlt die Bahn in diesem Jahr deutlich mehr an Zinsen, als sie einnimmt.
So lässt Grube bis November noch einmal nachrechnen, ob das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 nicht doch viel teurer wird als immer behauptet. Außerdem will er die Unternehmensverwaltung verschlanken und eine Führungsebene "herausnehmen". Ausgaben sollen an vielen Stellen gekürzt werden - "nur nicht bei Service und Sicherheit". Beim Thema Personalabbau wand sich Grube um konkrete Aussagen herum; bis Ende 2010 sind ihm wegen eines Tarifvertrags dabei eh die Hände gebunden. Und auch die Frage, ob die Fahrpreise wieder mal steigen, will er erst Ende September beantworten.
Zwar macht die globale Logistiksparte Schenker mit 5,5 Milliarden Euro Umsatz noch immer den größten Geschäftsbereich der DB aus - doch im Vergleich zum Vorjahr ist er um fast 25 Prozent eingebrochen und produziert einen Verlust von 121 Millionen Euro. Grube stellte am Donnerstag jedoch klar, dass er keineswegs beabsichtigt, sich von den bahneigenen Lastwagen-, Schiffs-, Flugzeugbetreibern zu trennen - schließlich verlangten die Kunden heute internationale Transporte aus einer Hand.
Und auch im Personenverkehr außerhalb Deutschlands soll die DB präsent bleiben: Angesichts einer schrumpfenden Bevölkerung in Deutschland könne das Unternehmen sonst auf Dauer nicht wachsen.
Während Finanzvorstand Diethelm Sack im Fernverkehr ebenfalls ein Umsatzminus verkünden musste, hat der Regionalverkehr leicht zugelegt. In diesem Fall kommt der DB die Krise zugute: Sie hat dieses Jahr fast alle neuen Ausschreibungen gewonnen, während sie im vergangenen Jahr nur ein Viertel der Aufträge ergattern konnte. Im Gegensatz zu den kleinen Konkurrenten hat das Staatsunternehmen ein AA-Ranking bei den Banken und kommt deshalb leichter an Kredite als die Wettbewerber.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter