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Konzeptionslos im Agrar–Strudel

■ Grüne und SPD sehen „tiefgreifende Agrarkrise“ und scheinheilige Bauernführer / Politik des massiven Preisdrucks gegen die Kleinen bemängelt / Minister Kiechle: Unruhe der Bauern ist berechtigt

Bonn (taz/ap) - Was soll ein Jahrhundertvertrag über vier Milliarden Mark, wenn der Substanzverlust in der bundesdeutschen Landwirtschaft über 500 Milliarden beträgt? Der neu in den Bun destag eingerückte Grüne Öko– Bauer Matthias Kreuzeder kritisierte gestern auf einer Pressekonferenz in Bonn die Agrarpolitik der Bundesregierung und des Deutschen Bauernverbandes. An die Bauern würden „Zuckerl“ verteilt. Das Existenzsicherungsprogramm würde nur die Existenz von Nestle, Aldi, Südfleisch und anderen Agroindustrien sichern, nicht aber die der kleinen und mittelständischen Betriebe. Von ihnen, ergänzte der grüne Europaparlamentsabgeordnete Graefe zu Baringdorf, verdiene ein erheblicher Teil weniger als den Sozialhilfesatz. Anlaß für die Pressekonferenz waren die kürzlich erarbeiteten Vorschläge für Agrarpreise der EG–Kommission und die scharfe Kritik, die Bundesernährungsminister IgnazKiechle (CSU) und der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Heereman, der gleichzeitig CDU–Abgeordneter im Bundestag ist, daran geäußert haben. Die Grünen bezeichneten die Aufregung Heeremans und Kiechles als „scheinheilig“. Sie ließen sich allein durch die bevorstehenden Landtagswahlen erklären. Die Preisvorschläge der EG– Kommission hielten sich konsequent an die Logik der EG–Landwirtschaftspolitik der letzten Jahre: „Die Politik des massiven Preisdrucks gegen die klein– und mittelbäuerliche Landwirtschaft geschieht mit der Zielsetzung, den sogenannten Strukturwandel wieder zu beschleunigen.“ Scharfe Attacken gegen die Landwirtschaftspolitik von Bundesregierung und Bauernverband hatte auch der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD–Bundestagsfraktion, Wolfgang Roth, geritten. Gegen die „tiefgreifende Agrarkrise“ habe die Regierung keine Konzepte anzubieten. Sie regiere „hilflos“. Aufgrund der Kritik des Bauernverbandes hat der Großgrundbesitzer Heereman angekündigt, sich aus seinem Amt zurückzuziehen. Bundesernährungsminister Ignaz Kiechle hält die gegenwärtige Unruhe bei den Beuern für „prinzipiell gerechtfertigt“. Allein aus den Währungsveränderungen der letzten drei Jahre hätten sich für Frankreich 12,5 Prozent, für Irland fast 14 Prozent und für Italien 16 Prozent Agrarpreisanhebungen ergeben, dagegen „bei uns null“.

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