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Kontroverse um BürgerschaftskandidatenUzis gegen Bankchefs

Die Kandidatur des Agit-Prop-Rappers Holger Burner für Linkspartei verärgert CDU-Politiker Kai Voet van Vormizeele.

Kandidiert bei den Bürgerschaftswahlen: David Schultz. Bild: Archiv

HAMBURG taz | Die Hamburger CDU hat ein Problem mit der Kandidatur des "sozialistischen Rappers" Holger Burner für die Linke. Die Partei solle sich von Burner distanzieren, fordert der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Kai Voet van Vormizeele, in der neu-rechten Wochenzeitung Junge Freiheit: "Die Tatsache, dass jemand auf einem Listenplatz der Linken kandidiert, der offenbar ein gestörtes Verhältnis zu unserem Rechtsstaat und zur Gewalt hat, reiht sich nahtlos ein in die fragwürdige Zusammensetzung der Liste dieser Partei."

Burner, der mit bürgerlichem Namen David Schultz heißt, kämpft mit Textzeilen wie "Ich will Uzis verteilen von Hamburg bis München / Mit dem Aufruf die Chefs aller Banken zu lynchen" für den Sozialismus.

Die Junge Freiheit habe ihn angerufen und um eine Stellungnahme gebeten, sagt van Vormizeele. "Eigentlich interessiert es mich nicht, wer auf der Liste der Linken steht. Doch wenn ein gewaltverherrlichender Rapper einen politischen Platz bei den Linken findet, dann sollten sie überlegen, ob sie wirklich schon in der parlamentarischen Demokratie angekommen sind."

Er sei von van Vormizeeles Äußerungen "leider nicht überrascht", sagt Schultz, der bei den Bürgerschaftswahlen auf einem - vermutlich aussichtslosen - 14. Listenplatz steht. Seine Texte seien kein Aufruf zur Gewalt. "Echte Gewalt passiert in Angriffskriegen, durch Hartz IV und hauptsächlich auf politischer Ebene."

Der Pressesprecher der Hamburger Linkspartei, Martin Wittmaack, sagt, dass es sich bei den Texten um "ganz normale Rapmusik" handele.

Dass van Vormizeele dem Linken-Kandidaten ausgerechnet über die Junge Freiheit Gewaltverherrlichung vorwerfe, trage "Züge einer Realsatire", sagt Wittmaack. Manche werfen der Jungen Freiheit vor, sie fungiere als Scharnier zwischen rechts-intellektueller und rechts-extremer Szene.

Auch Norbert Hackbusch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Kulturexperte der Linken in Hamburg, nimmt den Rapper in Schutz. Die Textzeilen seien "im übertragenen Sinne zu verstehen. "Wenn die Texte von Schultz als Gewaltverherrlichung interpretierbar seien, das könnte man die Marseillaise so sehen", sagt er.

Hackbusch sieht in der Musik von Schultz eine "Revolutionsromantik": in bildlich-künstlerischer Sprache würden verhärtete Machtstrukturen aufgebrochen. "Und dass ist ja auch das Ziel der Linken."

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4 Kommentare

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  • K
    KaffeeKuno

    @WhiskeyBernd: besser mal weniger Whiskey zuführen, das fand schon vor der Wahl statt.

  • W
    WhiskeyBernd

    Was ist das bitte für ein Titel, sind wir hier beim Abendblatt?! Die Kritik und Diskussion ist einfach nur lächerlich. Gewalt und Unrecht kommt in unserem Leben leider vor, da ist es völlig normal, so etwas künstlerisch zu verarbeiten und auch politische Ansichten zugespitzt zu formulieren, zudem wir hier von Rap sprechen! Aber die CDU kann's eben nicht lassen, selbst nach so einer Wahlblamage nicht - angesichts dessen, das sie rein gar nichts für fairen Welthandel, gegen Waffenexporte tun, Auslandseinsätze legitimieren, Diktaturen unterstützen, Angst vor Terrorismus schüren, Rassenhass fördern, Bürgerrechte mißachten und auch nicht vor mehr Polizeigewalt zurückschrecken, ist diese Kritik an den Bürgerschaftskandidaten Burner nicht nur zynisch, sondern auch noch schäbig und peinlichst dümmlich.

  • B
    Bambulero

    Wie im Text angedeutet, geht die Gewalt vom Staat aus. In Afgahnistan, in Gorleben, in Stuttgart, in menschenrechtswidrigen AsylbewerberInnenlagern und an unzähligen anderen Stellen. Das wird dann als Gewaltmonopol definiert um Kritik an diesem Vorgehen als extremistisch abzustempeln. Unterm Strich bleibt aber die Erkenntnis, dass sich die Gewaltfrage nicht stellt sondern von den Herrschenden gesetzt wird. Ohne legitimen Widerstand wird sich nichts an den bestehenden Herrschaftsverhältnissen ändern.

  • JM
    Julius Meise

    was für ein Unsinn!

    Man kann nicht einerseits aufjaulen, wenn irgendwelche Rapper aus Berlin Schwulen- und Ausländerfeindliche Texte produzieren und andererseits dafür plädieren, dass "Rapmusik" ja nie so direkt zu verstehen sei.

    "Tötet alle Schwulen" ist dann auch keine gewaltfordernde homophobe Aussage, sondern ein Lob der Ehe zwischen Mann und Frau. Ja, neee, ist klar. Andererseits: wozu damit beschäftigen, wer ernsthaft versucht ist, die Linkspartei zu wählen, bei dem hat der Verstand schon vor einiger Zeit ausgesetzt.