Kontroverse um ARD-Film in Israel

Ist der im Libanon vermißte israelische Pilot Ron Arad in syrischen Händen? Stasi-Dokumente über einen vor fünf Jahren geplanten Gefangenenaustausch / An Entführung gescheitert  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Ein am Montag abend in der ARD-Sendung „Report“ ausgestrahlter Beitrag über einen geplanten Gefangenenaustausch hat in Israel ein ungewöhnlich reges Echo ausgelöst. In dem Film geht es um das Schicksal des im Libanon vermißten israelischen Piloten Ron Arad und weitere vermißte, vermutlich getötete Soldaten, die vor fünf Jahren im Zuge eines von der damaligen DDR vermittelten Austauschs freikommen sollten. Belegt wird der Bericht durch Stasi-Dokumente, die Michael Wolfson von der Bundeswehrhochschule München vor kurzem aufspürte. Bereits ein am Sonntag in der Zeitung Yediot Ahronot sensationell aufgemachter Vorbericht ließ die in der israelischen Öffentlichkeit von Zeit zu Zeit leidenschaftlich geführte Debatte über das Schicksal der Vermißten wiederaufleben.

Einige der Angehörigen, die an der Ankurbelung zahlreicher Kampagnen für die Freilassung der Vermißten beteiligt waren, neigen dazu, die israelischen Behörden für die bisherige Erfolglosigkeit der verschiedenen militärischen und diplomatischen Initiativen verantwortlich zu machen.

Da verschiedene Punkte in dem ARD-Bericht nicht mit den bisher in Israel kursierenden Versionen über den Verlauf und den gegenwärtigen Stand der Dinge übereinstimmen, haben sich in Jerusalem und Tel Aviv militärische und politische Instanzen auf höchster Ebene mit korrigierenden oder dementierenden Erklärungen zu Wort gemeldet. So bezweifelt das Verteidigungsministerium die Richtigkeit deutscher Berichte, wonach sich Ron Arad in syrischer Gefangenschaft befindet. Der Kommandant der israelischen Luftwaffe, Generalmajor Bodinger, stellte gestern ausdrücklich fest, daß sich Arad nicht in syrischer Gefangenschaft, sondern in Händen einer der von Iran abhängigen Gruppen im Libanon befindet. Im ARD-„Report“ berichtete Produzent Richard Haim Schneider auf Basis der Stasi-Dokumente, daß die DDR und die Sowjetunion an dem Projekt eines Gefangenenaustauschs arbeiteten, wobei Syrien Arad zusammen mit einem anderen Gefangenen und den Leichen einiger vermißter israelischer Soldaten freigeben sollte. Im Gegenzug sollte Israel zwei sowjetische Agenten, Marcus Klingberg und Schabtai Kalmanovich, freilassen. Die Verhandlungen liefen angeblich über die Rechtsanwälte Wolfgang Vogel in Ost-Berlin und Amnon Zichroni in Israel. Den Stasi-Dokumenten zufolge wurde aus den Verhandlungen schließlich nichts, nachdem das israelische Militär den schiitischen Scheich Obeid im Juli 1989 aus Südlibanon entführt und gefangengenommen hatte.

Unter solchen Umständen habe sich Damaskus geweigert, die Verhandlungen weiterzuführen. Dieser Schlußpunkt hat einen durchaus aktuellen Aspekt: Erst vor kurzem entführte ein israelisches Kommando Scheich Dirani aus dem Libanon, angeblich, um zur Klärung des Schicksals der israelischen Gefangenen beizutragen.