Konserve: Die rote Gefahr
Tomatenkrieg in Italien: Konserven "Made in Italy" werden immer öfter mit Fernost-Importen gefüllt. Chinesisches Tomatenkonzentrat hat bereits 20 Prozent Marktanteil.
Es war ein Ausflug in die Vergangenheit, der vor einigen Tagen den italienischen Abgeordneten geboten wurde: Einige dutzend Landwirte bauten sich vor dem Parlament auf. Wie früher die Oma bereiteten sie von Hand eine ordentliche "Passata di pomodoro" zu, jene pürierten Tomaten, die den Grundstoff für jede Menge Nudelsaucen bilden.
Doch der Tomaten-Event im Zentrum Roms war keine Nostalgie-Show. Die zentausende Bauern, die diese Woche dann noch zu einer Demonstration in Bologna zusammenkamen, ging es vor allem um die Zukunft der italienischen Tomate. Denn, so die Beschwerde des Bauernverbandes Coldiretti, in den Konservendosen mit dem Etikett "Made in Italy" sind mittlerweile oft Tomaten aus Fernost, ohne dass die Kunden es wüßten.
China hat sich auch bei Tomatenkonzentrat zum Groß-Exporteur Richtung Italien aufgeschwungen. Lorenzo Bazzani von der Coldiretti rechnet vor, dass in den ersten drei Monaten des Jahres 2007 58.000 Tonnen Konzentrat aus China nach Italien verschifft wurden - ein neuer Spitzenwert, der sich in einen Marktanteil von über 20% an den industriellen Tomatenprodukten in Italien umrechnet.
In den italienischen Konservenfabriken kommt dann wieder Wasser in die importierte Masse. "Passata" für den italienischen Markt darf daraus aufgrund heimischer strenger Herstellungsnormen nicht mehr gemacht werden - wohl aber Passata für den Export. Und in Fertigsaucen, die dann im Glas im Supermarkt stehen, ist das Konzentrat auch für den italienschen Markt erlaubt. Man kann auch Tomatenmark draus machen oder ein bisschen von der Sauce als Flüssiganteil in Konserven mit geschälten Tomaten geben.
China, das in großem Stil seit Anfang der Neunzigerjahre Tomaten im nordwestlichen Xin-Jiang anbaut, ist mittlerweile hinter den USA und der EU zum weltweit drittgrößten Produzenten aufgestiegen. Die gut 7000 italienischen Tomatenbauern fürchten, dass der fernöstliche Konkurrent bald an Europa vorbeizieht. Selber essen die Chinesen ihre Tomaten kaum; der italienische Bauernverband geht gar von 90% Exportanteil an der chinesischen Produktion aus.
Verbündete in ihrem Kampf zur Rettung des "Pomodoro italiano" haben die italienischen Bauern bei den Verbraucherverbänden genauso wie bei dem kritischen Gourmet-Club "Slow Food" gefunden: Sie alle wollen die Pflicht zur transparenten Etikettierung, aus der auch die Herkunft verarbeiteter landwirtschaftlicher Produkte hervorgeht.
Bis heute reicht der Hinweis auf den Standort der verarbeitenden Fabrik, und schon ist ein aus griechischen Oliven gepresstes Öl, eine aus asiatischen Tomaten gemixte Sauce "echt italienisch". Konkrete Beschwerden über die Qualität der Fernost-Tomaten gab es zwar bisher nicht, doch der Bauernverband verweist auf die in China selbst begonnene Diskussion über mangelnde Nahrungsmittelsicherheit.
Die strenge Etikettierungspflicht gibt es paradoxerweise in Italien auf dem Papier schon seit drei Jahren: Im Jahr 2004 verabschiedete das Parlament unter Zustimmung aller Parteien das nötige Gesetz. Doch dann regte sich die EU-Kommission auf ("Verstoß gegen den freien Wettbewerb"), und die Regierung in Rom hat bis heute die Durchführungsverordnung zur Umsetzung des Gesetzes nicht erlassen.
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