Konservative weiter uneins: Steuerstreit vertagt
Der Bund bewegt sich im Steuerstreit kaum auf die Länder zu. In Schleswig-Holstein bleibt man bei der Ablehnung. Die Opposition glaubt, ein "irrsinniges Rauskaufen" bahne sich an.
BERLIN taz | Im Streit um Steuerentlastungen ab 2010 ist zwischen Bund und Ländern keine Einigung in Sicht. Nach der Sitzung der Koalitionsrunde am Dienstag sagte der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier, das umstrittene Paket werde ohne Änderungen am Freitag vom Bundestag beschlossen werden. Der von Schleswig-Holstein und einigen weiteren unionsgeführten Ländern geforderte finanzielle Ausgleich für die Steuerausfälle wurde in der Runde nach offizieller Darstellung nicht besprochen.
Das "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" sieht ab kommendem Jahr Steuersenkungen von 8,5 Milliarden Euro jährlich vor. So sollen die Kinderfreibeträge und das Kindergeld steigen, Erben und Unternehmen finanziell entlastet werden und die Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen von derzeit 19 auf 7 Prozent sinken. Besonders dieser Steuerbonus für Hotels wird von den Bundesländern und der Opposition kritisiert.
Er koste den Bund jedes Jahr eine Milliarde Euro, schaffe keine Arbeitsplätze und kein Wachstum und werde von den Hotels nicht an die Gäste weitergegeben, lautet die Argumentation. "Diese Subventionen sind purer Lobbyismus, den wir uns momentan nicht leisten können", sagte der Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) und sicherte Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) seine Unterstützung zu. "Ich hoffe nur, er knickt nicht ein."
Das wird schwer, denn der Druck auf Carstensen wächst. Die Regierung rechnet mit seiner Zustimmung im Bundesrat. "Ich bin sicher: Schleswig-Holstein wird am 18. Dezember zustimmen", sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich.
Entgegenkommen des Bundes ist bislang kaum zu erkennen. Auch am besonders umstrittenen Steuerbonus für Hotel-Übernachtungen will man festhalten. Nur aufs Hotelfrühstück soll der auf 7 Prozent reduzierte Mehrwertsteuersatz nicht ausgeweitet werden.
Im Hintergrund verhandeln Bund und Länder eifrig. So gibt es Überlegungen, Ländern die Mittel aus den Konjunkturpaketen des Bundes leichter zugänglich zu machen. Also etwa die Kriterien zu lockern, die Bauprojekte erfüllen müssen, um Zuschüsse aus dem Konjunkturpaket zu erhalten. Dann könnten die Länder und Gemeinden auch bereits laufende Projekte mit Bundesgeldern bezahlen.
In Schleswig-Holstein will man sich dazu offiziell nicht äußern. "Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, jetzt ist Berlin am Zug. Bisher haben wir nichts vorliegen", sagte ein Landessprecher. Inoffiziell ist aber zu hören, dass die Idee, die Länder mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket zu locken, für eine Zustimmung im Bundesrat nicht ausreiche.
Derartige Einmalzahlungen würden die Steuermindereinnahmen von etwa 70 Millionen Euro jährlich kaum kompensieren. Die geplante Schuldenbremse bis 2020 sei für das Land nicht realisierbar, falls die Mindereinnahmen ab dem kommenden Jahr nicht ausreichend kompensiert würden.
Die Opposition greift das öffentlich ausgetragene Gefeilsche innerhalb der Regierungsparteien an. "Das ist politisch inakzeptabel und schädlich", sagte Nicolette Kressl, finanzpolitischer Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Wenn die Regierung jetzt an die Konjunkturpakete rangehen würde, wäre das ein "irrsinniges Rauskaufen". Das "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" sei insgesamt sozial ungerecht. Steuererleichterungen gebe es nur für Reiche und Großkonzerne und das sorge nicht für Wachstum.
Die Grünen kritisieren ebenfalls die Überlegungen, die Konjunkturpakete aufzuweichen. "Es gibt ja gute Gründe dafür, nicht alles, was in den Ländern gebaut oder saniert wird, durch den Bund finanzieren zu lassen", sagte ihr finanzpolitischer Sprecher Gerhard Schick. Wenn man ein richtig schlechtes Gesetz mache, löse man die Probleme und Widerstände nicht dadurch, an anderer Stelle noch schlechtere Regelungen zu treffen.
In gut zwei Wochen soll der Bundesrat über das Gesetzespaket entscheiden. Dort halten die schwarz-gelb regierten Bundesländer mit 37 von 69 Stimmen zwar die notwendige Mehrheit, sollte Schleswig-Holstein die Zustimmung aber verweigern, würde das Gesetz scheitern und anschließend im Vermittlungsausschuss landen. Damit rechnet in Berlin jedoch kaum jemand. Letztlich werde es in der Nacht vor der Bundesratsabstimmungen einen Kompromiss geben - wie schon so oft.
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