Konsequenz aus der Brüderle-Affäre: BDI-Geschäftsführer tritt zurück
Weil der Wirtschaftsminister zu den BDI-Managern ehrlich war und die Abschaltung der AKWs indirekt als Wahlkampfmanöver bezeichnete, muss BDI-Geschäftsführer Schnappauf gehen.
BERLIN dpa/taz | BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf muss gehen, weil ein Protokollant etwas aufgeschnappt hatte, was geheim bleiben sollte. Nach der Affäre um umstrittene Atom-Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers Rainer Brüderle (FDP) stellt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, sein Amt zur Verfügung. Dies teilte der BDI am Freitag in Berlin mit.
Dem früheren bayerischen CSU-Umweltminister wird angelastet, dass Äußerungen nach draußen drangen, wonach Brüderle bei einer internen BDI-Runde gesagt haben soll, das Atom-Moratorium sei vor allem den anstehenden Landtagswahlen geschuldet. Brüderle soll gesagt haben, dass politische Entscheidungen nicht immer rational seien. Der BDI sprach anschließend von einem Protokollfehler.
Schnappauf stellt sein Amt auf eigenen Wunsch zum 31. März 2011 zur Verfügung. "Ich übernehme die politische Verantwortung für die Folgen einer Indiskretion, an der ich persönlich nicht beteiligt war, um möglichen Schaden für das Verhältnis von Wirtschaft und Politik abzuwenden", sagte Schnappauf.
BDI-Präsident Hans-Peter Keitel betonte: "Ich zolle Werner Schnappauf hohen Respekt für seine Entscheidung und danke ihm ausdrücklich für die seit November 2007 geleistete vertrauensvolle und erfolgreiche Arbeit." Die Aufgaben Schnappaufs sollen bis auf weiteres die Mitglieder der Hauptgeschäftsführung des BDI Dieter Schweer und Stefan Mair übernehmen.
Das Wirtschaftsministerium hat betont, dass es keine Angaben machen kann, was Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) in der internen BDI-Runde zur Atom-Moratorium der Regierung tatsächlich gesagt hat. Brüderle hatte dort angeblich das Moratorium mit den anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz begründet; Teilnehmer des Treffens beim Bundesverband der Deutschen Industrie bestätigten dies der Süddeutschen Zeitung.
Der BDI und Brüderle hingegen sprachen von einem Protokollfehler. Brüderles Sprecherin sagte am Freitag in Berlin, dass der Minister das Moratorium mittrage. Auf die Frage, ob die neue Atompolitik der Regierung für Brüderle rational sei, sagte die Sprecherin: "Er hat alle Beschlüsse mitgetragen, die die Bundesregierung veröffentlicht hat." Zudem habe er mehrfach betont, dass es wegen der Katastrophe von Fukushima eine neue Lage gebe.
Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans betonte, die Bundesregierung halte das dreimonatige Aussetzen der Laufzeitverlängerung und die vorübergehende Abschaltung der ältesten Atomkraftwerke nach wie vor für richtig: "Wir sind von dem, was wir getan haben und was wir tun, absolut überzeugt."
Brüderles Sprecherin betonte, der Minister werde auch nach dem Durchsickern von Äußerungen aus der internen BDI-Runde weiter den regelmäßigen Austausch mit Wirtschaftsverbänden und Industrievertretern pflegen. "Daran hat sich nichts geändert."
Der Hauptgeschäftsführer hatte das Protokoll genehmigt und an alle 39 Mitglieder von Präsidium und Vorstand des BDI verschicken lassen. Aus dem Berliner Haus der Deutschen Wirtschaft, in dem die führenden Wirtschaftsverbände residieren, verlautete: "Das ist ein richtig dicker Hammer. Das kann ihn den Kopf kosten." Auch andere Verbände seien über den Fall "not amused", weil er das Vertrauensverhältnis zur Politik insgesamt beschädige und Gesprächspartner in vertraulichen Runden künftig womöglich nur noch das sagen würden, was sie auch in einem Zeitungsinterview sagen würden.
Nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeiger werden etwa bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) keine derartigen Protokolle angefertigt. Ein führender Vertreter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion drohte dem BDI gegenüber der Zeitung Konsequenzen an. "Wenn der BDI nicht mehr in der Lage ist, Protokolle vertraulich zu halten, dann ist das schon sehr, sehr traurig", sagte er. Mancher Politiker werde nun nicht mehr an solchen Gesprächen teilnehmen. Der erste Fehler bestehe darin, dass überhaupt Protokolle erstellt würden.
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