: Konrad in der Halle
■ Mammut-Erörterung in Salzgitter
Mit dem Erörterungstermin über das geplante Atommüllendlager Schacht Konrad beginnt am 25. September in Salzgitter eine der aufwendigsten atomrechtlichen Anhörungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Betroffene Kommunen und besorgte Bürger haben insgesamt 289.388 Einwendungen gegen das umstrittene Projekt zu Papier gebracht. All diese Einwender, und nur sie, dürfen bei dem — formal nichtöffentlichen — Termin rund 35 Stunden lang pro Woche ihre Kritik wiederholen, präzisieren und vom Antragsteller, dem Bundesamt für Strahlenschutz Auskunft verlangen.
Größere Dimensionen hatte bisher nur das Genehmigungsverfahren für die später auf Eis gelegte atomare Wiederaufbereitungsanlage im bayerischen Wakkersdorf mit 881.000 Einwendungen. Beim Beginn des WAA- Erörterungstermins in der oberpfälzischen Gemeinde Neunburg vorm Wald war es im Juli 1988 zu Tumulten und wütenden Protesten gekommen, weil sich 3 000 Einwender in der 1 400 Plätze fassenden Stadthalle drängten und vergebens eine Verlegung an einen größeren Versammlungsort verlangten.
Dies soll sich in Salzgitter nicht wiederholen. Auf dem Festplatz der niedersächsischen Industriestadt entsteht zur Zeit eigens für den Erörterungstermin eine 6.600 Quadratmeter große Leichtbauhalle mit Platz für 3.000 Einwender. „Wir wollten von vornherein soviel Platz schaffen, daß alle eine Chance haben. Sollten mehr kommen, kann die Erörterung in Gruppen ablaufen“, heißt es im Umweltministerium in Hannover, als Genehmigungsbehörde zuständig für den Ablauf des Erörterungstermins.
Die Kosten beziffert Ministeriumssprecherin Barbara Mussack mit zwei Millionen Mark - für Hallenmiete und —reinigung, 3.000 Holz-und 300 Polsterstühle, Schreibtische, Papierkörbe, 99 Telefon- und Faxanschlüsse sowie Toilettenwagen und die nächtlichen Dienste einer Wach-und Schließgesellschaft. Die täglichen Einlaßkontrollen werden vom Ministerium übernommen. Größere Polizeipräsenz soll es nach Mussacks Worten nicht geben: „Wir rechnen nicht mit Zwischenfällen. Schließlich geht es darum, Argumente auszutauschen.“
Argumente gegen die Endlagerpläne werden vor allem aus der Umgebung von Schacht Konrad zu hören sein. Allein die knapp 15.000 Einwohner aus Vechelde haben 8.000 Einwendungen formuliert. Ein großer Teil aller Einwendungen stammt aus dem südöstlichen Niedersachsen, und die meisten gelten möglichen Transportrisiken für das relativ dicht besiedelte Industriegebiet. Viele Einwender werden sich von Sach-und Rechtsbeiständen vertreten lassen — wie die Stadt Salzgitter, die gemeinsam mit den Nachbarstädten Braunschweig und Wolfenbüttel auf die atomrechtliche Expertise des prominenten Berliner Anwalts Reiner Geulen setzt.
Thomas Kaufner, dpa
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