: Konjunktur–Barometer: Bundesbank sieht Auftrieb
■ Laut Bundesbank ist nur das Wetter schuld am Konjunktureinbruch / Privater Konsum und Unternehmensinvestitionen steigen / Staatsverschuldung ebenfalls
Frankfurt (ap/dpa) -Mit einer guten und einer schlechten Nachricht wartet die Frankfurter Bundesbank in ihrem Monatsbericht für Juni auf: Die zu Jahresbeginn noch kränkelnde Konjunktur in der Bundesrepublik belebt sich wieder, gleichzeitig wachsen aber die staatlichen Schuldenberge wieder schneller, in diesem Jahr um voraussichtlich rund 50 Milliarden Mark. Für den Konjunktureinbruch im 1. Quartal dieses Jahres ist nach Ansicht der Bundesbank–Volkswirte „allein“ die außergewöhnlich harte und lange Kälteperiode verantwortlich. Nach dem „Winterloch“ hätten mit Beginn des Frühjahrs die Auftriebskräfte wieder die Oberhand gewonnen, schreibt die Bundesbank in ihrem Juni–Bericht über die Wirtschaftslage in der Bundesrepublik im Frühjahr 1987. Das Bruttosozialprodukt war in den ersten drei Monaten gegenüber dem Schlußquartal 1986 real um 0,5 Prozent gesunken. Das entsprechende Vorjahresniveau wurde allerdings - so die Bundesbank - um 2,5 Prozent übertroffen. Aufgrund des strengen Winterwetters sind die Bauinvestitionen um 13,5 Prozent im 1. Quartal zurückgefallen. „Betrachtet man das reale Sozialprodukt jeweils ohne die erstellten Bauten, so zeigt sich, daß die Produktion im 1. Quartal 1987 saisonbereinigt gewachsen ist“, hebt die Notenbank hervor. Nach dem Ende der Frostperiode sei es zu einer merklichen Belebung der Wirtschaftstätigkeit - vor allem im zuvor stark gedrückten Bausektor - gekommen. Insbesondere der private Verbrauch stehe bei näherer Betrachtung besser da als „auf den ersten Blick“. Das relativ niedrige Konsumniveau resultierte zum Jahresanfang aus dem vorübergehenden Absacken der Pkw–Käufe, nachdem Ende 1986 die volle Steuervergünstigung für schadstoffarme Autos abgelaufen war. Darüber hinaus wurden die üblichen Frühjahrseinkäufe wegen des späten Osterfestes offensichtlich erst im April getätigt, betont die Bundesbank. Einschließlich der April– Werte zeige sich aber, daß der private Verbrauch tendenziell weiter wächst und somit nach wie vor eine entscheidende Stütze für die Binnenkonjunktur darstellt.“ Als Anhaltspunkt für die positive wirtschaftliche Grundtendenz im 1. Quartal heben die Bundesbankvolkswirte auch die „weiter wachsende Investitionstätigkeit der Unternehmen“ hervor. So seien die Ausrüstungsinvestitionen in dieser Periode gegenüber dem Schlußquartal 1986 saisonbereinigt um real knapp drei Prozent gestiegen. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum bedeute dies eine Zunahme von sechs Prozent. Mit kritischem Unterton weist die Bundesbank aber auch auf die wieder wachsenden Ausgaben der öffentlichen Hand und der steigenden Staatsverschuldung hin. „Aus heutiger Sicht muß für das gesamte Jahr mit einer erheblichen Zunahme der staatlichen Defizite gerechnet werden, obwohl für das laufende Jahr bekanntlich eine Pause in der stufenweisen Senkung der Steuern eingeplant ist.“ Für die öffentlichen Haushalte werde es umso schwieriger die künftigen Steuersenkungen im Gesamtvolumen von 14 Milliarden DM finanziell zu verkraften je stärker die Ausgaben zunehmen, mahnt die Bundesbank im Hinblick auf die geplante Steuerreform.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen