Kongress zum Thema Gesundheit für alle: Ost und West kränkeln gleich
Gesundheit hängt inzwischen nicht mehr von der geografischen Herkunft ab, sondern vom Geldbeutel: Wer arm ist, wird deutlich häufiger krank - und stirbt früher.

Armut macht nicht gesund Bild: ap
Armut steckt nicht nur im Geldbeutel, sie zeigt sich auch im gesundheitlichen Zustand. Denn Armut macht krank. Das ist der Tenor des 15. bundesweiten "Armut und Gesundheit"-Kongresses, der am Freitag im Schöneberger Rathaus begonnen hat. Zum Thema "Gesundheit für alle - Ethik im Spannungsfeld" treffen sich Ärzte, Wissenschaftler und Politiker.
20 Jahre nach dem Mauerfall ist das Gesundheitsproblem in Deutschland ein Schichtenproblem. "Die Unterschiede zwischen Ost und West sind aufgehoben", sagt Gerhard Meinlschmidt. Er leitet beim Senat das Referat für Gesundheits- und Sozialberichterstattung und gibt den jährlichen Sozialstrukturatlas heraus. "Vielmehr ist Gesundheit eine Frage der sozialen und kulturellen Herkunft. Bei den Männern haben wir je nach sozialem Status einen Unterschied in der Lebenserwartung von vier bis fünf Jahren." Das kann man auch an einzelnen Kiezen sehen. So liegt etwa in dem Zehlendorfer Stadtteil Fischtal die vorzeitige Sterblichkeit - das sind Sterbefälle vor dem 65. Lebensjahr - nur bei 70 Menschen je 100.000 Einwohnern. Im Huttenkiez in Moabit sterben dagegen 470 von 100.000 Menschen vorzeitig.
Menschen aus sozial schwachen Schichten haben schlechtere Chancen auf eine angemessene gesundheitliche Versorgung, es mangelt an richtiger Aufklärung über gesunde Ernährung und an Vorsorgeuntersuchungen. "Leute mit hohem Bildungsniveau machen die Pläne für diese Schichten und wundern sich dann, warum diese nicht angenommen werden", benennt Thomas Altgeld, Geschäftsführer der Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen, ein Grundproblem und gibt erste Lösungsvorschläge: Man könne auf teure Maßnahmen zur Vorsorge gegen Fettleibigkeit bei Kindern verzichten, wenn man etwa "gesunde und kostenlose Schulspeisungen und Sportangebote ohne Leistungsdruck macht".
Ein Beispiel aus Berlin zeigt noch eine andere Möglichkeit: Seit Anfang der Neunzigerjahre bietet ein staatlich geförderter Dolmetscherdienst Migrantinnen mit schlechten Deutschkenntnissen Hilfe bei Arztbesuchen, Schul-Terminen oder Behördengängen an. "Als die Migranten der ersten Generation zu Arzt mussten, konnten sie mit den Ärzten nicht reden", sagt Dolmetscher Cetin Congar. "Da musste man dann Putzfrauen oder Krankenschwestern zum Übersetzen nehmen." Doch sie hätten die nötigen Fachbegriffe nicht übersetzen können. So wurde über das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg die Idee aufgegriffen, dafür speziell Dolmetscher zu schulen, erklärt Andrea Möllmann, ehemalige Projektleiterin des Dienstes.
Leser*innenkommentare
Predrag Sivcevic
Mich freut es zu hören dass ein staatlich geförderter Dolmetscherdienst
die Migranten bei Arztbesuchen unterstützt und dass man über weiteren verbesserungen nachdenkt.Mich stört den Satz " mangelt an der richtiger Aufklärung über gesunder Ernährung".Was bringt die Aufklärung über den gesunden Ernährung wenn man wenig Geld zur Verfügung hat abwechslungsreiche Lebensmittel geschweige Bioprodukte einzukaufen.Zu dem den Migranten macht sie ihr Schicksal mitkrank.Von zuhause weg und
hier nicht richtig angekommen.Dazu kommt noch die Perspektivlosigkheit
hinzu.Gesellschaftliche Ablehnung,Heimweh und Sehnsucht nach dort verbliebene Familie und vieles anderes.Dazu kommt noch dass die Migranten bevor sie hier her gekommen sind,in ihrem Heimat so gut wie
gar keine medizinische Versorgung gehabt haben.Die die sie hier bekommen
mit oder ohne Dolmetscher ist ja nur die Notversorgung.Kein Wunder dass
diese Menschen früher sterben falls überhaubt die Rede von ihnen ist.
Die aufgenommene Migranten sollen von Anfang an in die Sprachkurse aufgenommen werden und in die Arbeitswelt eingegliedert werden.Sie sollen sich selbst ihr Lebensunterhalt verdienen und das wird sie auch
gut tun.Und das macht Gesund.