■ Kongo/Zaire: Vor einem Jahr siegte Kabila über Mobutu: Der Wandel läßt auf sich warten
Ein Jahr ist es jetzt her, daß das Mobutu-Regime in Zaire vor den anrückenden Truppen der Kabila-Rebellion floh und der siegreiche Rebellenchef die „Demokratische Republik Kongo“ gründen konnte. Die immensen Hoffnungen auf wirtschaftlichen Aufschwung und Demokratisierung damals sind heute inner- wie außerhalb des Landes weitgehend verflogen. Die Machtzirkel um Kabila igeln sich zu sehr ein, ihre Entscheidungswege sind zu undurchsichtig, die getroffenen Entscheidungen zumeist zu willkürlich und autoritär, als daß ein Projekt der gesellschaftlichen Befreiung sich darin wiedererkennen könnte.
Die massive Unterstützung der kongolesischen Bevölkerung für Kabila während des Krieges gegen Mobutu war vor allem auf dem Wunsch gegründet, in Zukunft endlich vom Staat in Ruhe gelassen zu werden und ein ganz normales Leben führen zu dürfen. Aber das Regime in Kinshasa will statt dessen das ganze Land in Einhelligkeit um sich scharen und dann im Gleichschritt dem Licht des nationalen Wiederaufbaus entgegenschreiten.
Die Kongolesen, von großen Führern gründlich desillusioniert, sind von solchen Projekten nicht mehr zu überzeugen. Vielmehr hegen sie den Verdacht, hier suche wieder einmal eine Machtclique ideologische Ausreden dafür, ungestört den eigenen Geschäften nachzugehen.
Für eine Kursänderung ist es noch nicht zu spät. Noch gilt Kabilas Zusage von vor einem Jahr, es werde 1999 Wahlen geben — wenngleich klar ist, daß er das politische System so gestalten will, daß er sie gewinnt. Unterhalb des Eindrucks von politischem Immobilismus ist die politische Landschaft des Kongo in Bewegung. Viele ehemalige Mitstreiter Kabilas aus den ersten Tagen seiner Rebellion haben sich von ihm abgewandt. Die Anhänger des Mobutu-Systems sind zum Teil zum neuen Regime übergelaufen, zum Teil stehen sie in der Opposition. Zugleich gibt es in den neuen Institutionen des Kongo — vor allem fernab der Hauptstadt, in den Provinzen — viele vernünftige Leute, die tatsächlich für ihr Land arbeiten wollen und Unterstützung verdienen.
Je weiter die Neugestaltung der politischen Allianzen fortschreitet, desto größer sind die Chancen weiterer politischer Veränderung. Nachdem das Ausland dreißig Jahre lang Mobutus Zaire wohlwollend zusah, braucht es Kabilas Kongo nicht nach einem Jahr verzweifelt abzuschreiben. Dominic Johnson
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