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Konflikt um Street ViewGoogle droht Schweiz mit Löschung

Der Streit um Google Street View in der Schweiz spitzt sich zu: Der Internet-Konzern kündigte die Einstellung des Dienstes an, falls die strengen Datenschutz-Auflagen bestehen bleiben.

Wird das Figürchen bald verschwinden? Bern auf Google Maps. Bild: screenshot google maps

BERN/BERLIN dpa | Google will seinen Online-Straßenatlas Street View in der Schweiz stoppen, falls die rigiden Datenschutz-Anforderungen nicht gelockert werden. Das Schweizer Bundesverwaltungsgericht hatte Anfang April beschlossen, dass der Internet-Konzern auf den Street-View-Bildern ausnahmslos alle Gesichter und Autokennzeichen unkenntlich machen müsse. Google entgegnet, dass dies nicht möglich sei und legte Beschwerde gegen das Urteil ein.

Google macht Gesichter und Kennzeichen mit einer Spezialsoftware unkenntlich, die nach Angaben des Unternehmens eine Treffer-Quote von rund 99 Prozent bietet. Die Straßenansichten bei Street View setzen sich aus vielen einzelnen Bildern zusammen, für die 20 größten Städte Deutschlands sind es mehrere Millionen.

Zudem entschied das Gericht auf Forderung des Schweizer Datenschutzbeauftragten Hanspeter Thür, dass im Bereich "sensibler Einrichtungen" - etwa bei Frauenhäusern, Gefängnissen, Schulen, Gerichten, Sozialbehörden und Spitälern - vollständige Anonymität hergestellt werden müsse. Dazu solle Google neben dem Gesicht auch weitere individuelle Merkmale wie Hautfarbe oder Kleidung unkenntlich machen. Unzulässig ist laut Gericht zudem der Einblick in Höfe und Gärten, deren Anblick einem "normalen Passanten" verschlossen bleiben würde.

Keine 100-prozentige Sicherheit

"Falls diese Anordnungen tatsächlich Bestand haben sollten, wäre Google leider gezwungen, den Dienst in der Schweiz einzustellen", kündigte das Unternehmen am Mittwoch an. "Wenn wir eine 100-prozentige Unkenntlichmachung von Gesichtern und Kennzeichen erreichen wollten, müssten wir jedes einzelne der Millionen von Schweizer Bildern manuell prüfen", sagte der Google-Datenschutzbeauftragte Peter Fleischer der Schweizer Nachrichtenagentur SDA. Wenn Menschen mit manuellen Vorgängen beteiligt seien, könne es aber keine 100-prozentige Sicherheit geben.

Der bei Google für das Geschäft in der Schweiz verantwortliche Manager Patrick Warnking kritisierte, das Urteil ziehe die Vorteile von Street View für Menschen und Unternehmen in der Schweiz nicht in Betracht. "Wir werden uns sehr bemühen, Street View für die Schweizer Nutzer zu erhalten."

Googles Motivation für die Beschwerde seien nicht finanzielle Interessen, "sondern wir stehen für Innovation ein und für die Vorteile, die Street View der Schweiz bringt". Eine aktuelle Umfrage habe gezeigt, dass 53 Prozent der Schweizer Bevölkerung den Dienst bereits einmal genutzt hätten. Zudem hätten nahezu 1.000 Schweizer Unternehmen, Institutionen und Verbände Street View in ihre Internetseiten eingebunden.

Auch in Deutschland hatte es erhebliche Widerstände von Politik und Datenschützern gegen den Street-View-Dienst gegeben, der Panorama-Ansichten von Straßen im Internet zeigt. Allerdings waren sie mit einer Vorab-Einspruchsfrist gegen die Abbildung von Wohnhäusern mit anschließender Verpixelung ausgeräumt worden. Schon dafür hatte Google dutzende zusätzliche Mitarbeiter beschäftigt.

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22 Kommentare

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  • G
    Gerda

    Es fing ganz harmlos, ahnungslos und unbekümmert an. Aus kartographierten Atlanten sollten lediglich exakt photografierte Land- und Straßenkarten werden.

     

    Die Fotos sind aber jetzt ideale und kostenlose, unbegrenzte Datenquellen und Informationsquellen für die Militärs (Kriegsführung und präventive Kriegsführung!), private und unkontrollierte Spionage- und Geheimdienste wie die US-Firma "Stratfor", die das Ziel hat, die größte und beste p r i v a t e Intelligence-Firma der Welt zu sein! Einer der besten nachrichtendienstlichen Organisationen in völlig privater Hand überhaupt.

     

    Demnächst verlangt Google-Street-View noch, daß sich sämtliche Staaten verpflichten, jegliche staatlichen, privaten Bauplanungen und Landschaftsveränderungen an "die Firma" zu melden!

     

    Google-Street-View sollte von der UNO strikt verurteilt, geächtet und bestraft werden - als monströser Verstoß gegen die und desaströser Mißbrauch der Allgemeinen Menschenrechte und Freiheitsrechte und Bürgerrechte!

     

    Wer stoppt diesen diktatorisch-kapitalistischen US-Wahnsinn?

  • P
    publicMinx

    @gerd

     

    # Eine transparente Gesellschaft als einzig vernünftige Zukunft? Volle Transparenz ermöglicht volle Kontrolle und hier lässt sich der Frage nicht ausweichen, wem dies nützt, #

     

    1. Volle Transparenz erzeugt eine ANDERE Gewoehnung, in der WENIGER kontrolliert wird.

     

    2. WEIL es voellig transparent ist, DESHALB gibt es auch keinen Missbrauch, denn es SIEHT JA JEDER.

     

    Es ist einfach der Unterschied zwischen Menschen, die sich besser kennen und vertrauen und darum gar nicht mehr die Probleme haben von Menschen, die das nicht gewoehnt sind, aus jedem Mist irgendetwas "wichtiges zu verbergen" machen und dadurch erst Probleme erzeugen.

     

    Der Unterschied zwischen Heimlichtuerei und Misstrauen und offenen Menschen, die direkt ueber alles sprechen.

     

    Die Vorstellung "boeser Staat", "guter Buerger" ist eine EWIG GESTRIGE. Die basiert noch auf voellig veraltete Vorstellungen von Diktaturen. Solche Vorstellungen LAEHMEN aber eine Weiterentwicklung.

     

     

    Entscheidend ist aber eher diese Richtung zu forcieren. Man kann gar nicht ad hoc alles transparent machen, aber man kann nach und nach immer mehr in diese Richtung gehen.

  • M
    Marcus

    Reisende soll man nicht Aufhalten. Wenn Sie den Dienst einstellen wollen sollen Sie. Google wird ja von niemanden gezwungen ihn zu Betreiben. Aber zu Fordern Gesetze, bzw Gerichtsurteile die sich aus diesen ergeben, zu ändern ist eine Boodenlose Frechheit. Dabei zeigt der Schweizer Rechtstat schon viel Gedult. Immerhin hätte sich Google vor start des Dienstes informieren müssen was notwendig ist um lokalen Gesetzen zu entsprechen.

     

    Ich hoffe die Schweizer können auch durchsetzen das bei einem Stop von streetview alle daten gelöscht werden. Immerhin sind die Fotos Ideale Zieldaten wenn sich jemand dazu entschlisen solte Krieg gegen die Schweiz zu Führen. Wer Brauch Luftbilder wenn er Streetview hat.

  • E
    Euroschnecke

    European Angst

     

    Ob Google, Kernenergie, Grenzen in Dänemark oder Islam.

    Hauptsache ein Grund sich zu mißtrauen, zu überwachen, rückwärtsgewandt zu wählen.

     

    Dämliche verwöhnte Wutbürger.

  • W
    Weinberg

    Wir dürfen gespannt sein, ob sich die schweizer Sennerschaft gegen den Ami-Laden durchsetzt.

  • G
    gerd

    @publicminx

    Eine transparente Gesellschaft als einzig vernünftige Zukunft? Volle Transparenz ermöglicht volle Kontrolle, und hier lässt sich der Frage nicht ausweichen, wem dies nützt, wer die Macht zur Kontrolle hat und einsetzt, und auch, wer die Kontrolleure kontrolliert, wie weit ich einem Staat oder anderen Organisationen vertraue.

    Orwell lässt grüßen.

  • T
    Thomas

    Seit wann diktiert ein Internetanbieter einem souveränen Staat, wie er seine Datenschutzbestimmungen auszulegen hat?

  • R
    Rod

    Die Haltung von Google ist vollkommen richtig. Wer die Dienste nutzen will, muss auch zulassen, dass diese Dienste mit verhältnismäßigem Aufwand angeboten werden können. Google sollte nicht nur in der Schweiz keine Dienste anbieten, sondern alle Schweizer IP-Adressen weltweit von google-Diensten ausschließen.

     

    Als ich beruflich bedingt 900 km weit umziehen mußte waren die damals noch hoch auflösenden Satelittenbilder von google-maps eine große Hilfe. Ich konnte die Wohnungssuche komplett im Internet durchführen und mußte nur ein einziges mal für die Wohnungsübergabe anreisen. Heute ist die Auflösung der Aufnahmen für Deutschland generell vergröbert, eine vernünftige Analyse von Wohnumfeldern bei der Wohnungssuche ist in Deutschland so nicht mehr möglich. Es kann nicht sein, dass jedes pakistanische Bergdorf auf google-Diensten hochauflösend zu sehen ist, wogegen man in einem sich als zivilisiert bezeichnenden Land wie Deutschland nur grobe Pixelbilder bekommt.

     

    Wenn IPv6 flächendeckend eingeführt ist, sollte google jeden einzelnen, der für Verpixelungen verantwortlich ist grundsätzlich von allen Diensten sperren. Wer seine eigenen Daten nicht preisgibt, soll auch keine Daten von anderen bekommen!

  • H
    Hopfenschauer

    Man kann's auch übertreiben...

    Selbst in unserer Kleinstadt gibt es öffentlich abrufbare Webcams, die den Marktplatz und die nähere Umgebung unverpixelt zeigen. Jemand macht einen Screenshot und sieht mich - so what? Man muss schon spezielle Fälle konstruieren, in denen eine solche Aufnahme wirklich nachteilig für mich wäre (ich mache gerade blau...).

    Google sollte die Schweiz daher vorübergehend auf Eis legen bzw. das Land als weißen Fleck auf seinen Karten darstellen (so sah die Schweiz vor 200 Jahren ohnehin auf allen Landkarten aus...) und abwarten, bis der zivilisatorische Fortschritt die Alpen weiter erobert. Mit dem Frauenstimmrecht hat das mittlerweile ja auch geklappt, und unter http://de.wikipedia.org/wiki/Frauenstimmrecht_in_der_Schweiz kann man nachlesen, dass zu dessen Ablehnung ähnlich ängstliche, konstruierte Vorwände angeführt wurden wie jetzt zu der von Google Maps.

  • S
    Schiller

    @wilhelm tell: der Nächste, der den debilen Ausdruck "muhaha" verwendet, wird mit seiner eigenen Armbrust gelyncht

  • D
    Dirk

    Also mal ehrlich: wer braucht eigentlich diesen Scheiss? Haben die Googlejungs echt nix besseres zu tun als Big Brother zu spielen? Warum nicht ein schönes Lagerfeuer mit all den verballerten Scheinchen machen, da könnte man wenigstens noch Würstchen mit grillen.

  • V
    vic

    Die Schweizer Regierung wird ihre Gründe haben...

  • GF
    Guy Fawkes

    Schafft alle Computer ab; schafft alle Fotoapparate ab; schafft Autos ab; KKW gibts sowieso bald nicht mehr. Schafft Spielzeug ab; macht alle Diskos und Gaststätten zu. Verzichtet auf alles was Spaß macht!

    Lauft alle mit Masken rum, damit Euch keiner erkennt, wenn Ihr auf die Straße geht.

    Und vergesst nicht, dafür zu sorgen, dass ja keiner Euren Namen auf Euren Grabstein schreibt ...

  • PB
    Peter Burckhard

    Glückliche Schweiz! Den Menschenverachtenden Schwachsinn von Google der nichts als totale Kontrolle ist, schlimmer als George Orwell sie sich hätte je erträumen lassen, zu stoppen... Einfach großartig!

  • S
    Sebas

    Wen interessiert Google. Weg damit.

  • P
    publicminx

    Der antimodernistische oeko-sozialistische Datenschutzwahn, der lediglich Misstrauen einer Gesellschaft fixiert und gegen eine offene und transparentere Gesellschaft wirkt, also gegen die einzig vernuenftige Zukunft, pervertiert immer mehr.

     

    Ewig gestrige Vorstellungen von boeser Staat und guter Buerger behindern neuere Konzepte. Dabei kann jeder wissen, dass es auf gar keinen Fall irgendeine bessere Gesellschaft geben wird, wenn sie sich nicht - grundsaetzlich - mehr oeffnet.

     

    In Second Life kann man Datenschutzwahn auch gut verfolgen. Obwohl virtuelle Welt, limitieren auch dort die Projektionen ewig gestriger Angsthasen, die nie verstanden haben, weshalb Diktaturen TATSAECHLICH entstanden und das STAENDIG mit Huelsen verwechseln alle moeglichen Dinge - und schaffen letztlich genau das, was sie angeblich bekaempfen: Zensur, diktatorische Limitierungen.

    Defizitaeres Schattenboxen.

     

     

    Wie kann nur so unglaublich beschraenkt sein.

    Datenschutzwahn = Zensur und sonst gar nichts.

    Spielen mit antimodernistischen Aengsten, Foerderung einer Misstrauensgesellschaft, von Intransparenz, antifortschrittlich und ganz einfach dumm.

  • SE
    Schade eigentlich,

    wenn der durchaus praktische Service dann wieder weg ist. Und das wegen einiger Privathysteriker, die sich wahrscheinlich nie unverpackt (d.h. ohne Auto) außer Haus trauen. Besser wäre da eine pragmatische Lösung: Wer irgendwo im Netz einen unvermummten Schweizer entdeckt kann ihn selbst zur Löschung melden!

  • F
    F_uck_you

    Oh mein Gott! Das ist das Ende der Welt!

    Ohne Google-Maps werden wir alle sterben müssen!!!

     

    Mal im Ernst: Soll uns die dümmliche Drohung der größten Datenkrake der Welt, die in vielen Bereichen jetzt schon eine extrem ungesunde Monopolstellung hat, etwa einschüchtern?

  • F
    Fabian

    Einfach klasse die Schweiz, schade das sich Deutschland nicht auch mit Google anlegt...

  • S
    Sunny

    Google wird generell überschätzt.

     

    Ich will's mal so sagen: Wenn es Google nie gegeben hätte, würden auch die Schweizer Streetview nicht vermissen.

     

    Also Schweizer, ihr musstet schon in Sachen Bankgeheimnis vor Amerika und der EU die Waffen strecken, nun könnt ihr gegenüber Google zeigen, dass ihr grundsätzlich immer noch prinzipientreu seid.

  • MU
    Max Untreu

    Solche Dienste mögen für die einen nützlich sein, aber Tatsache ist der Eingriff in die Privatsphäre. Dass Google nun die Schweiz erpresst, statt die Bedenken zu akzeptieren, zeugt von der Arroganz dieser Unternehmung. Schade, dass in anderen Ländern offenbar der Schutz der Persönlichkeit, bzw. der Privatsphäre nicht den gleichen Stellenwert hat.

  • WT
    wilhelm tell

    muhaha...

     

    einmal kurz auf gmaps die schweiz angeklickt, streetview aktiviert und dann das >

    http://goo.gl/maps/1br0

     

    so wird das nix mit der schweiz, herr google!