Konflikt um Katalonien: Druck aus dem eigenen Lager
Die katalanischen Bündnispartner des Regierungschefs Puigdemont fordern die Erklärung der Unabhängigkeit. Spaniens Regierung wartet auf Montag.
Puigdemont muss am Montag gegenüber der Regierung in Madrid erklären, ob seine Rede vom vergangenen Dienstag nun als Unabhängigkeitserklärung zu verstehen sei. Puigdemont hatte von der Republik Katalonien gesprochen, um wenige Sekunden später deren Erklärung auszusetzen, um so einen Dialog zu ermöglichen.
Eine andere Antwort als die sofortige Unabhängigkeit kommt für die CUP der Rückkehr unter „die Legalität der spanischen Verfassung“ gleich, „mit der die soziale Mehrheit gebrochen hat“. Sollte Rajoy tatsächlich, wie angedroht, den Artikel 155 der Verfassung anwenden und alle Autonomiebefugnisse aussetzen und Katalonien direkt von Madrid aus verwalten lassen, „sollen sie das mit der bereits ausgerufenen Republik machen“, erklärt die CUP ihre Haltung. Sie hofft auf internationale Anerkennung der neuen Republik.
Das dürfte allerdings nicht so leicht sein. EU-Kommisionspräsident Jean-Claude Juncker sprach sich erneut gegen ein unabhängiges Katalonien aus. Er fürchtet, dass dann auch andere Regionen folgen. „Ich will keine EU mit 98 Staaten“, sagte er. Die europäischen Staaten folgen ihm dabei.
Die CUP ist nicht allein. Auch die Bürgerinitiative Katalanische Nationalversammlung (ANC), die zusammen mit Òmnium das Rückgrat der Unabhängigkeitsbewegung bildet, fordert die sofortige Ausrufung der Republik. In einem Brief an die Mitglieder spricht der ANC-Vorsitzende Jordi Sánchez von „möglichen weiteren Mobilisierungen „ und „erneuten Streiks“.
„Das Risiko der Freiheit“
Sánchez ist zusammen mit dem Òmnium-Vorsitzenden Jordi Cuixart und dem Chef der katalanischen Polizei Mossos d'Esquadra, Josep Lluis Trapero, am Montag erneut vor den obersten Strafgerichtshof Spaniens geladen. Ihnen wird „Aufstand“ vorgeworfen. Das kann mit bis zu 15 Jahren Gefängnis enden.
Selbst in Puigdemonts Wahlbündnis „Gemeinsam für das Ja“ rumort es. Vizepräsident Oriol Junqueras schreibt auf Twitter, es sei „Zeit, das Risiko der Freiheit einzugehen“.
Auf der anderen Seite rufen Politiker aus Rajoys Partido Popular und der sozialistischen PSOE Puigdemont zur „Rückkehr zur Legalität“. „Ich habe noch immer die Hoffnung, dass Puigdemont die offene Tür zum Dialog sieht“, erklärte ebenfalls am Freitag der Vertreter der Madrider Zentralregierung in Katalonien, Enric Millo.
Ihm unterstehen die spanischen Polizeieinheiten, die in Katalonien stationiert sind. Bei deren Einsätzen am Tag des verbotenen Referendums wurden knapp 900 Menschen verletzt. Mittlerweile fordern sowohl das UN-Menschenrechtskommissariat als auch Human Rights Watch eine unabhängige Untersuchung.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
FDP-Chef Lindner verabschiedet sich aus der Politik
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“