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Konflikt in SyrienReden über einen Militäreinsatz

Die US-Außenministerin Clinton fordert schärfere Sanktionen gegen Syrien. Rebellen berichten, das Assad-Regime habe neue Truppen und Panzer in die Rebellenprovinz Homs verlagert.

Hillary Clinton und Alain Juppé wollen den Druck auf Assad erhöhen. Bild: reuters

PARIS/BEIRUT dapd/dpa | US-Außenministerin Hillary Clinton hat schärfere Sanktionen gegen Syrien gefordert. Vorstellbar sei unter anderem ein Waffenembargo. Der französische Außenminister Alain Juppé bezeichnete den Friedensplan des Sondergesandten der UN und der Arabischen Liga, Kofi Annan, als letzte Chance, einen Bürgerkrieg im Land zu verhindern.

Clinton sagte nach einem Treffen der internationalen Kontaktgruppe der „Freunde Syriens“ am Donnerstag in Paris, der Druck auf den syrischen Präsident Baschar Assad müsse erhöht werden. Der UN-Sicherheitsrat müsse ein Waffenembargo verabschieden. Zudem schlug sie Reisebeschränkungen und weitere Strafmaßnahmen gegen das Land vor.

Sie habe zuvor mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow gesprochen. Dieser habe eingeräumt, dass „wir nicht in einer statischen, sondern in einer sich verschlechternden Situation sind“, erklärte sie.

Juppé will bei den Vereinten Nationen die Entsendung einer „robust ausgerüsteten“ Beobachtertruppe für Syrien beantragen. Sie solle etwa 500 Mann umfassen und auch über Helikopter verfügen, erklärte Juppé am Freitag in einem Interview des TV-Nachrichtensenders BFM.

Frankreich liege dabei auf der gleichen Linie wie die USA und würde sich an einer derartigen Mission beteiligen. Ein solcher Einsatz könne dem Friedensplan von Sondervermittler Kofi Annan zum Erfolg verhelfen.

Der aussichtsreiche französische Präsidentschaftskandidat François Hollande würde bei seiner Wahl einen Militäreinsatz in Syrien unter UN-Führung unterstützen. Im Rundfunksender Europe 1 sagte er auf eine entsprechende Frage: „Wenn sie im UN-Rahmen stattfinden würde, würden wir uns an dieser Intervention beteiligen.“ Hollande, der einen vorgezogenen Abzug der französischen Truppen aus Afghanistan bis Endes des Jahres fordert, gilt in allen Umfragen als Favorit bei der anstehenden Wahl.

Unterdessen bezeichnete der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak einen Sturz Assads in einem Interview als „sehr positiv“. Assad habe seine Legitimität verloren. Sein Sturz würde den iranischen Einfluss in der Region schwächen, sagte Barak dem US-Fernsehsender CNN am Donnerstag. Die internationale Gemeinschaft unternehme nicht genügend, um Assad zum Rücktritt zu zwingen.

Rebellen fordern Intervention

Syrische Rebellen haben von der internationalen Gemeinschaft eine Militärintervention auch ohne UN-Mandat gefordert. General Mustafa Ahmed al-Scheich, der Chef des Militärrats der sogenannten Freien Syrischen Armee, wirft den Regierungstruppen vor, trotz der vereinbarten Waffenruhe jeden Tag auch von Zivilisten bewohnte Gebiete zu beschießen. Er rief in einem am Freitag auf einer Oppositions-Website veröffentlichten Video „Länder, die dem syrischen Volk nahestehen“ auf, eine Militärallianz zu bilden und auch ohne ein Mandat des UN-Sicherheitsrats „wichtige Einrichtungen des Regimes“ zu bombardieren.

Unterdessen berichteten Aktivisten, die Regierung von Präsident Baschar al-Assad habe über Nacht neue Truppen und Panzer in die Rebellenprovinz Homs verlagert. Die Truppen seien vor allem um die Stadt Al-Kusair in der Nähe der libanesischen Grenze zusammengezogen worden, sagte Omar Homsi am Freitag.

Beobachter gehen von einem baldigen Angriff der Regierungstruppen auf die von Rebellen beherrschte Stadt aus. Am Donnerstag wurden nach Rebellenangaben landesweit 30 Menschen bei den Auseinandersetzungen getötet, vornehmlich in Homs, Hama und den Vorstädten der Hauptstadt Damaskus.

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1 Kommentar

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  • A
    Ant-iPod

    Ich bin mir nicht sicher, ob eine militärische Intervention wirklich das gewünschte Ergebnis erzielt - denn ich vermisse hier ganz klar die politische Strategie hinter all den Diskussionen.

     

    Es ist eine Sache, sich Assad's Abgang zu wünschen - und das tue ich sicherlich - aber was kommt danach?

    Wenn er weg ist, haben wir immer noch ca. 8-10% Alawiten in Syrien und mindestens nochmal so viele Christen, die einem Wechsel in großer Zahl zumindest skeptisch gegenüberstehen.

    Die Kurden sind in Syrien anscheinend auch mehr an ihrer eigenen Lösung interessiert, als an einem gesamtsyrischen Konzept.

     

    Zwar bin ich der Meinung, dass die Masse der Opposition einen demokratischen Wandel will und als Ziel eine säkulare Republik Syrien vor Augen hat - trotzdem es auch radikalisierte Gruppen gibt.

    Dies täuscht aber nicht darüber hinweg, dass nach so langer, gewaltsamer Auseinandersetzung und mit der Folge, dass eine "ehedem" priviligierte Gruppe (die Alawiten) sicherlich eine andere Lebenswirklichkeit erleben wird... es vermutlich Racheakte an Schabiha geben wird und all die Missetaten, die in einer Transformationsphase auftreten, wenn dem keiner Einhalt gebietet.

    Das war nicht nur in Frankreich in den 1790er Jahren so, das ist auch im Irak heute noch so. Auch wenn es schön wäre, wenn Syrien anders wäre - realistisch betrachtet braucht man ein Konzept, wie man so ein gewaltsames Chaos zu verhindern gedenkt.

    Man benötigt Geld für einen geordneten Wiederaufbau, der die Menschen in Beschäftigung hält und ihnen ein Interesse an Wiederaufbau anstatt weiterer Zerstörung durch Machtkämpfe um die verbleibenden Ressourcen anzuzetteln.

     

    Wir hatten nun mehr als ein Jahr Zeit, soche Gedanken auszuprägen und zu überlegen, wie wir dem Land und der Gesellschaft helfen können - aber wie im Irak, wie in Libyen scheinen wir mal entweder nicht aus der Geschichte zu lernen, oder absichtlich das Leid der Menschen einer Region zu vergrößern.

     

    Ich hatte gehofft, dass wir nach der Blamage in Bosnien und im Kosovo aus unseren Fehlern gelernt hätten... aber entweder haben wir dies nicht, oder niemand redet darüber.

    Die Geschehnisse in Libyen lassen mich zumindest an letzterem Zweifeln.

     

    Dies ist absolut kein Plädoyer für Assad oder den Statud quo - aber eines für Verantwortungsvolle Politik, eine klare und logische Strategie und Lernen aus der Geschichte.