Konflikt in Honduras: Ausnahmezustand erklärt
Das Versammlungsverbot und die Pressezensur unter dem Putschregime von Roberto Micheletti sollen 45 Tage dauern. Der Interimsstaatschef stellt Brasilien zudem ein Ultimatum.
In Honduras setzen beide Konfliktparteien auf Konfrontation. Präsident Manuel Zelaya rief für Montag, drei Monate nach seiner putschartigen Absetzung, zu einer "Endoffensive" gegen das Putschregime unter Roberto Micheletti auf. Dieser verhängte für 45 Tage einen de-facto-Ausnahmezustand mit Versammlungsverbot und Pressezensur. Der Konflikt erhält damit eine neue Qualität, denn die bisherige Repression gegen regimekritische Manifestationen und Presse bekommt ein legales Mäntelchen.
Zelaya, der heimlich ins Land zurückkehrte, sitzt seit Montag vergangener Woche in der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa und macht von dort politischen Druck. Das Gebäude ist von Anti-Aufruhrpolizei umstellt. Immer wieder werden Strom und Wasser abgeschaltet oder die Menschen in der Botschaft durch Schallkanonen und angeblich sogar Giftgas terrorisiert. Mitarbeiter des Roten Kreuzes, die als einzige Zugang haben, bestätigten, dass mehrere Personen Blut spuckten.
Micheletti hat die Regierung in Brasilia aufgefordert, Zelaya binnen zehn Tagen auszuliefern oder ihm Asylstatus zuzuerkennen. Andernfalls würde man "zusätzliche Maßnahmen" ergreifen. Implizit drohte er damit mit der Stürmung des Gebäudes. Brasiliens Präsident Luiz Inácio da Silva ließ ausrichten, er lasse sich von einem Usurpator kein Ultimatum diktieren.
Damit weiß er sich einer Meinung mit der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und den Vereinten Nationen. Die Putschisten lassen sich von der diplomatischen Isolation nicht beeindrucken. Sonntag verweigerten sie erneut einer Delegation der OAS die Einreise. Micheletti ist auch nicht bereit, auf den Lösungsplan von Costa Ricas Präsident Óscar Arias einzugehen. Dessen zentrale Punkte sind die Wiedereinsetzung von Zelaya und dessen Verzicht auf die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung.
Dieser Plan wird als zentrales Argument für seine Absetzung ins Treffen geführt. Weniger starrsinnig geben sich die Kandidaten für die Präsidentschaftswahl in zwei Monaten. Denn, wer gewinnt, muss mit den gleichen Sanktionen rechnen, wie die Putschisten. Elvín Santos von der Liberalen, Porfirio Lobo von der Nationalen Partei, der Christdemokrat Felícito Avila und der Mann der sozialdemokratischen PINU, Bernard Martínez, haben daher ein Dialogteam gebildet, das die beiden Rivalen an den Verhandlungstisch bringen will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht