Konferenz der OECD-Atomenergieagentur: Jahrmarkt der Atomtechnik
Die Veranstaltung in Paris soll interessierten Staaten den Zugang zur Kernenergie erleichtern - und der Atomindustrie Aufträge bringen.
PARIS taz | "Wer hat noch nicht, wer will noch mal?", rufen die Marktschreier auf Kundenfang. Auch bei der Pariser Konferenz über den Zugang zur Atomenergie treffen sich Anbieter, Produzenten und potenzielle Abnehmer. Ein Diplomat des Gastgeberstaates Frankreich weist allerdings empört die Vorstellung zurück, dass da eine kommerzielle Messe veranstaltet werde. Offiziell geht es bei dem zweitägigen Treffen, auf dem heute und morgen 60 Staaten mit rund 700 Ministern und Spitzenbeamten vertreten sind, nicht um Exportgeschäfte, sondern um irgendwie Grundsätzlicheres.
So sind die Themen der stetig steigende Energiebedarf, die derzeit verfügbare nukleare Technologie, aber auch internationale Sicherheitsstandards und die Angst vor einem militärischen Missbrauch oder einer terroristischen Bedrohung. Zugleich aber ist für die allermeisten Teilnehmer unbestritten, dass der Atomindustrie die Zukunft gehört.
Und das ist in Paris auch die Ausgangslage. Gemäß dem Weltverband World Nuclear Association sollen bis 2030 weltweit nicht weniger als 450 neue Atommeiler gebaut werden. Und im selben Rhythmus wird es danach weitergehen, prophezeit Luis E. Echavarri, der Generaldirektor der Atomenergieagentur der Industriestaatenorganisation OECD, die das Treffen organisiert: Zwischen 2030 und 2050 würden jährlich 23 bis 54 neue Atomkraftwerke gebaut werden. Vor einem Jahr hatte OECD-Generalsekretär Angel Gurria gesagt: "Die Atomenergie ist in der Lage, einen wesentlichen Teil der Energienachfrage der Zukunft zu decken sowie die Spannungen auf dem Erdölmarkt und um den Klimawandel zu reduzieren."
Für die Atomkraft als die seiner Ansicht nach einzig realistische, vertretbare, billige und saubere Antwort auf den steigenden Strombedarf, die Klimaerwärmung sowie die Verknappung fossiler Energiequellen wird auch Gastgeber Nicolas Sarkozy in seiner Eröffnungsrede plädieren. Der französische Präsident verteidigt stets die Atomexportinteressen seines Landes und nimmt dazu auf allen Auslandsreisen Anne Lauvergeon mit, die Chefin des Energiekonzerns Areva. Die Konferenz soll unverhohlen dafür sorgen, dass die eigene staatliche Atomindustrie beim weltweiten Aus- und Aufbau nuklearer Energie möglichst viel mitverdient.
Deshalb soll Atomkraftneulingen wie beispielsweise Jordanien, aber auch den bisher als Sicherheitsrisiko eingestuften Ländern wie Libyen oder Syrien durch technologische Kooperation der Zugang zur zivilen Nutzung erleichtert werden. Die Zusammenarbeit soll gewährleisten, dass internationale Standards beim Strahlenschutz beachtet werden - und verhindert wird, dass die gelieferte Kerntechnologie für militärische Programme oder terroristische Bedrohungen missbraucht werden kann. Staaten wie Iran und Nordkorea, die sich nicht an die Regeln der Atommächte halten, wurden darum gar nicht erst nach Paris eingeladen.
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