MIT DEM OST-EIGENTUM AUF DU UND DU: Kompromiß für Investoren
■ Hausbesitzer leiden weiter unter Wildwest-Methoden
Seit 1953 wohnt Walter Braumann aus Kleinmachnow bei Potsdam in seinem Einfamilienhaus. In dieser Woche nun hat die ehemalige Besitzerin des Grundstücks einen Makler geschickt, der Haus und Hof verscherbeln soll. Dieses Schicksal kann jeden der 400.000 Eigenheimbewohner und Grundstücksnutzer im Lande Brandenburg treffen, die ihr Haus sozusagen auf Westsand gebaut haben. Gestern trafen sich Hunderte Betroffene in Potsdam, um auf einer vom Mieterbund organisierten Anhörung den Landespolitikern ihre verzweifelte Lage klarzumachen. Für die Bundesregierung sind alle Grundstückskäufe nach dem 18. Oktober 1989, dem Sturz von Honecker, ungültig, weil zu dieser Zeit schon absehbar gewesen sei, wie die gesellschaftliche Entwicklung fortschreiten würde.
Den von der FDP vorgelegten Kompromiß, wonach Rückübertragung an Investitionspflicht gebunden ist, ist für die Eigenheimbewohner auf den Westgrundstücken keine Lösung. Gemäß „rechtsstaatlicher Prinzipien“ müssen die Anträge auf Rückübertragung aufwendig geprüft werden. Danach stehen den Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit jahrelange Prozesse ins Haus. Gegen die Wildwest-Methoden ehemaliger Besitzer können sie sich nur durch Einspruch vor Gericht wehren.
Am Montag hat die Treuhand in Berlin beschlossen, daß Eigenheimbesitzer, für deren Grundstücke keine Ansprüche bestehen, gemäß dem Gesetz vom März 1990 zu alten DDR-Preisen von 50 Pfennigen bis zu acht Mark pro Quadratmeter erworben werden können. Die Kommunen oder andere vormalige Besitzer können keine Nachzahlungen entsprechend dem Zeit- beziehungsweise dem Marktwert der Grundstücke verlangen. Bei Wiederverkauf müßten die heutigen Häuslebesitzer allerdings die Hälfte des Mehrerlöses an die Treuhand abführen.
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