Kompromiss bei Abfallentsorgung: Der Müllmann bleibt kommunal
Die Kommunen behalten ihr Vorrecht bei Müll und Recycling, die Möglichkeiten der privaten Konkurrenz werden eingeschränkt. Dass könnte zu höheren Kosten beim Bürger führen.
BERLIN taz | Der Hausmüll wird auch in Zukunft vornehmlich von kommunalen Entsorgungsunternehmen abgeholt. Die Konkurrenz privater Anbieter, die einzelne Müllsorten lukrativ verwerten wollen, bleibt künftig in engen Grenzen. Darauf haben sich Bund und Länder nach über einjährigen Verhandlungen am Mittwochabend geeinigt.
Mit Ausnahme der Linken stimmten im Bundestag alle Parteien dem Kompromiss am Donnerstag zu. Damit kann das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz wahrscheinlich in der ersten Jahreshälfte in Kraft treten. Eine Unsicherheit besteht allerdings: Die Wirtschaftsverbände der Abfallwirtschaft, der Bundesverband der Entsorgungswirtschaft, der die großen privaten Müllunternehmen vertritt, sowie der mittelständisch orientierte Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) behalten sich eine Beschwerde bei der EU-Kommission vor.
Wie der Deutsche Städtetag im Interesse seiner öffentlichen Müllfirmen formulierte, haben Bundestag und Bundesrat die Hürde für private Konkurrenz abermals höher gelegt. Diese können künftig mit eigenen Angeboten nur zum Zuge kommen, wenn sie "wesentlich leistungsfähiger" arbeiten als kommunale Entsorger.
Gebunden an den teuren öffentlichen Entsorger
Ein Beispiel: Kann ein privates Müllunternehmen 80 Prozent des Altpapiers der Haushalte im Recycling verwerten, während der städtische Verwerter nur 40 Prozent schafft, hätte der private Anbieter Chancen auf den Auftrag. Wenn beide Unternehmen mehr oder weniger dieselbe Leistung bringen, genießt die kommunale Entsorgung den Vorzug. Günstigere Preise, die die Privaten eventuell anbieten, gelten dabei in der Regel nicht als Kriterium der Leistungsfähigkeit.
Bürger werden sich deshalb unter Umständen damit abfinden müssen, an den teureren öffentlichen Entsorger gebunden zu sein. Der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Gerd Bollmann (SPD) erklärt den Sinn dieser Regelung so: Das Gesetz lege den kommunalen Entsorgern die Verpflichtung auf, den Hausmüll aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen immer flächendeckend zu entsorgen und zu verwerten.
Diese kostenträchtige Grundversorgung sei aber nur möglich, wenn die öffentlichen Betriebe vor Billigangeboten der privaten Konkurrenz geschützt seien. Gleichwohl ist den privaten Entsorgern der teilweise lukrative Müllmarkt nicht komplett verschlossen. Unteraufträge der öffentlichen Unternehmen können sie in jedem Fall ausführen.
Bundesrat wies den Gesetzesentwurf zurück
Und verzichtet eine Kommune beispielsweise aus Kostengründen ganz auf die Altpapiersammlung, kommen die Privaten zum Zuge. Diese Möglichkeiten sind ein Grund, warum auch Union und FDP zustimmten. FDP-Politiker Horst Meierhofer betonte zudem, dass die Bundesregierung die Wirkung der Gesetzesnovelle in einem Jahr überprüfen wolle, um den Wettbewerb sicherzustellen.
Dem Kompromiss war eine fast einjährige Auseinandersetzung vorausgegangen. Der Bundesrat hatte den ursprünglichen Gesetzentwurf von Union und FDP zurückgewiesen, weil er Verbesserungen im Sinne der öffentlichen Entsorger durchsetzen wollte.
Das Gesetz bietet auch eine Basis dafür, dass bis 2015 eine neue Wertstofftonne eingeführt wird. Diese würde die gelben Säcke und Tonnen ersetzen, mit denen sich die Bürger bislang der Verpackungsmaterialien aus Kunststoff entledigen. Absehbar ist, dass die Wertstofftonne darüber hinaus künftig sämtliche Kunststoffe aufnehmen soll.
Welche anderen Materialien - Altkleider oder Elektrogeräte - noch hineinkommen, steht allerdings in den Sternen. Bei dieser Debatte wird ein ähnlicher Verteilungskonflikt zwischen öffentlichen und privaten Verwertern erwartet, wie er beim Hausmüll jetzt erst mal ausgestanden ist.
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