■ Kompetent emotional mit „Bristol“ und „Novartis“: Neu: Zäpfchenbücher bei Haffmans
Als Verleger ist Gerd Haffmans das, was man einen Querdenker nennt: Absprachen, Verträge und andere kleinbürgerliche Regeln und Konventionen gelten ihm nichts – er benimmt sich wurschtig und verkauft das als Avantgardismus. Um sein leckgeschlagenes Unternehmen wieder flott und seinen Ruf bei guten Leuten endgültig in die Tonne zu kriegen, hat Haffmans in den letzten Jahren etliches getan: Er hat Rechte von Autoren gegen deren erklärten Willen anderen Verlagen angeboten oder verkauft; er hat vertragswidrig geramscht; er hat Nachauflagen herstellen lassen und das seinen Autoren verschwiegen, um sie nicht abrechnen zu müssen, und er hat ganz simpel nicht gezahlt. Wenn aber diese Autoren – als besonders krasse Beispiele für viele seien hier nur Michael Sowa, Gisbert Haefs und Christof Stählin genannt – sich über solch schäbige Behandlung beschwerten, hat er ihnen aufklärerische Briefe des Inhalts geschickt, ohne ihn, Haffmans, seien die Autoren niemand, nirgend und nichts und hätten deshalb dankbar den Schnabel zu halten. Entsprechend schrieb Willi Winkler in der Süddeutschen Zeitung: „Der Verleger Gerd Haffmans hat wieder einen Autor entdeckt, und vielleicht verdient er mit dem neuen ja endlich genug, um die alten zu bezahlen.“ Die vage Hoffnung, der Zürcher Knickstiefelgauner Haffmans werde seine Schulden vielleicht doch noch bezahlen, gründet sich auf Haffmans' jüngsten Einfall zur Rettung seiner selbst: Er entdeckte die Pharmaindustrie als Sponsorin seines Verlags. Und so wird ein jetzt bei Haffmans veröffentlichtes Buch über Krebs laut Haffmans- Katalog „unterstützt von: Bristol Arzneimittel“. Die „Medienpräsentation“ findet „in der Uniklinik Köln“ statt, während ein zeitgleich herausgebrachtes „Mit Alzheimer leben“-Werk von der Fa. „Novartis Pharma Schweiz AG“ ebenfalls „unterstützt“ und „zum ,Welt-Alzheimertag‘ präsentiert“ wird. Sichtbarer Teil der Abmachung ist auch, daß die Sponsorenfirmen nicht nur genannt, sondern bereits in der Verlagsvorschau mit ihrem eigenen Firmen-Logo präsentiert werden.
Zwei, die sich exzellent verstehen:
Gerd Haffmans und die Pillen gegen das Vergehen
Zwei jenseits menschenmöglichen Begreifens:
Gerd Haffmans und die Kunst des Halbe-Welt-Einseifens.
So hätte die für zurückhaltenden Stil nicht eben bekannte Haffmans-Werbeabteilung trommeln können, doch die gab sich ausnahmsweise dezent. Damit nämlich der Sponsoren-Deal nicht ganz so peinlich erscheinen möge, wie er für einen Großtrompeter des bibliophil-literarischen Lesebändchens ist, als der sich Haffmans stets selbst akklimiert und als der er seine Kundschaft akquiriert hat, holperte Haffmans flink „die neue Sachbuchreihe im Haffmans Verlag“ aus dem Boden: „Persönliche Schicksale und neueste Erkenntnisse der Forschung vermitteln lebensnah, was die Diagnosen ,Alzheimer‘ und ,Krebs‘ im Alltag bedeuten. Betroffene erzählen, wie sich ihr Leben veränderte und wie sie lernten, ihr Schicksal zu meistern: Berührende Dokumente des Nicht-Aufgebens.“
Die allerdings nicht, wie man vermuten möchte, im Goldenen Blatt oder als Lore-Roman veröffentlicht werden, sondern bei Haffmans. Als „emotional packend – fachlich kompetent“ beschreibt der Verlag diese Reihe – die vier sehr allround einsetzbaren Adjektive können aber auch beliebig anders kombiniert werden: „Emotional fachlich – kompetent packend“ wäre sicher mindestens genauso aussagestark wie „kompetent emotional – packend fachlich“.
Sehr passend zur Sparte Betroffenheits- und Schicksalsmeisterei kommt da auch die erstmalige Edition von Robert Gernhardts Bypass-Dichtung „Herz in Not“ als „bibliophile Einzelausgabe“ in der Haffmans-Reihe „Geschenkbücher“ daher: Der chronische Platz an der Kasse für jung und alt soll es dann doch schon sein. Gernhardts kokettes Herzgekasperl wurde bereits sehr exakt als „Chefarzt- Poesie“ beschrieben; ärztlich gesponsert – von Dr. Stefan Franck oder Dr. Dralle – wurde es bisher allerdings noch nicht. Aber wer den Haffmans Verlag kennt, der kennt auch Zuversicht. Wiglaf Droste
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