Komödie „Und wer nimmt den Hund?“: Weiße und schwarze Bälle
In Rainer Kaufmanns Beziehungskomödie „Und wer nimmt den Hund?“ wirken die Protagonist*innen zu sehr wie ihre eigenen Abziehbilder.
Einer nicht validierten Beobachtung zufolge sind Beziehungen, deren Mitglieder sich für eine „Paartherapie“ entscheiden, eigentlich bereits am Ende. Im Umkehrschluss gäbe es dann für bröckelnde Beziehungen, die eine „Trennungstherapie“ beginnen, ja vielleicht noch Hoffnung. Aber so einfach ist das natürlich nicht. Auch nicht in Rainer Kaufmanns Beziehungskomödie „Und wer nimmt den Hund?“.
Doris (Martina Gedeck) und Georg (Ulrich Tukur) sind gemeinsam 25 Jahre gut gealtert, haben Kinder bekommen, erzogen und flügge werden sehen, haben sich richtig kennengelernt, haben teilweise Karriere gemacht und teilweise nicht. Und erleben nun schon lange, wie die Luft rausgeht.
Als Georg, der Biologieprofessor, ein Verhältnis mit der viel jüngeren Doktorandin Laura (Lucie Heinze) beginnt und eine mögliche Trennung von Doris damit endgültig macht, möchte Doris das therapeutisch begleiten lassen. „Man will das doch irgendwie verstehen“, sagt sie, und das versteht man tatsächlich: In Sachen Gefühle in einer Art Verzweiflungslogik nach dem Warum zu fragen, ist beliebt, wenn auch oft ineffektiv.
„Und wer nimmt den Hund?“: Regie: Rainer Kaufmann. Mit Martina Gedeck, Ulrich Tukur u. a. Deutschland 2019, 89 Min.
So sitzen die beiden nebeneinander und vor der Therapeutin (Angelika Thomas), sortieren schwarze und weiße Bälle für schlechte und gute Erinnerungen in getrennte Körbe und liefern sich einen vom Drehbuch-Routinier Martin Rahaus geschriebenen Schlagabtausch nach dem anderen. Zwischendurch springt der Film in die privaten und gemeinsamen Erlebnisse der beiden, und porträtiert sie als klassisches, gutsituiertes, gescheitertes Ehepaar mit Haus, Garten, Hund.
Wie bei Loriot, nur ohne parodistische Qualität
Und das ist es auch, was schnell langweilt an dem nur selten screwballartigen Ansatz: Fast trutschig wirkt die Angewohnheit, die Sätze immer mit dem Vornamen des anderen zu beginnen, „Georg, nun beruhig dich doch erst mal“ oder „Laura, ich hab alles für dich aufgegeben“ oder „Doris, ich find’s toll, dass du was Eigenes machst“ – wie bei Loriot, nur ohne dessen parodistische, bittere Qualität.
Während Trennungskomödien wie „Der Rosenkrieg“ (1989) ihren bösen Witz aus der überkandidelten Eskalation ziehen und Trennungsdramen wie „Die Einzelteile der Liebe“ (2019) tatsächlich großes Leid verhandeln, bleibt Kaufmanns Film gediegen: Ist es wirklich nur die Langeweile und Doris’ latente Unzufriedenheit, die die beiden auseinandertreibt? Wo ein (auch wieder nicht validiert beobachtet) ziemlich eklatantes Problem bei Langzeitpaaren doch der fehlende Sex, die fehlende Lust zu sein scheinen?
Das erfahrene Gespann Gedeck und Tukur, das sich müht, Rahaus’ nur manchmal rasanten Fernsehdialogen Leidenschaft einzuhauchen, hatte 2017 in Sven Taddickens Drama „Gleißendes Glück“ gezeigt, wie intensiv es in die Dramatik von Sex und Frust und fehlender Liebe eintauchen kann – bei Kaufmann fehlt diese zweite Ebene, die auch Komödien zu mehr Tiefe verhelfen könnte. Denn die Konsequenzen, die nach einer Trennung auf beide Ex-Eheleute warten, wären eher mickrig – da man sich eh nicht mehr liebt, die Kinder aus dem Haus und die Schäfchen weitestgehend im Trockenen sind, passiert nicht viel, es sei denn, man inszeniert eben einen „Rosenkrieg“.
Vielleicht darum führt Doris’ Weg am Ende zu einer unglaubwürdigen Konfrontation mit Social Media, von der man nicht weiß, ob sie eine Parodie auf die Unwissenheit der Digital Immigrants sein soll oder ernst gemeint ist.
Dass die Protagonist*innen zudem ein wenig wie ihre eigenen Abziehbilder wirken (Hausfrau mit Kunstmagazinambitionen braucht einfach mal wieder Komplimente, Midlifecrisis-Mann mit „Rücken“ stolpert in jüngere Pussytrap), festigt die Klischees, anstatt sie aufzudröseln. Es stecken so viel mehr Probleme im wackeligen Konzept der Zweierbeziehung. Schade, dass der Film sich aus diesem Fundus viel zu vorsichtig bedient.
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