Kommunalwahl in der Türkei: Unentschiedene Großstädte

Landesweit hat die Regierungspartei AKP ihr Ziel von 40 Prozent der Stimmen wohl erreicht. In den großen Städten, Ankara und Istanbul, wird es eng.

Verliert seine Partei Istanbul, könnte das das Ende seiner politischen Laufbahn sein: Erdogan. Bild: ap

ISTANBUL taz | Nachdem rund ein Viertel der abgegeben Stimmen ausgezählt sind, zeichnen sich bei den Kommunalwahlen in der Türkei knappe Ergebnisse in der Hauptstadt Ankara und Istanbul ab. In den beiden wichtigsten Städten der Türkei liegen die regierende AKP von Ministerpräsident Tayyip Erdogan und die Vertreter der größten Oppositionspartei, der säkularen CHP, jeweils nur um weniger als zwei Prozent auseinander.

Während die AKP landesweit zu diesem Zeitpunkt ihr Wahlziel, über 40 Prozent der Stimmen zu erreichen, offenbar geschafft hat, bleibt die Situation in den wichtigsten Metropolen kritisch. Von den vier größten Städten ist der Vorsprung der CHP in ihrer traditionellen Hochburg Izmir für die AKP wohl nicht aufzuholen. In der viertgrößten Stadt Adana scheint sich die ultranationalistische MHP durchzusetzen, während in Istanbul und Ankara sowohl für die AKP wie auch für die CHP ein Sieg möglich scheint.

Die Türkei hat nach den heftigen Debatten der letzten Monate eine sehr hohe Wahlbeteiligung und vier Stunden nach Schließung der Wahllokale bereits mehr als tausend Beschwerden über Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen. Hunderttausende Wahlbeobachter, die neben den Parteivertretern zusätzlich als Beobachter in den Wahllokalen vertreten waren, werden im Laufe der Nacht ihre Zahlen aus den einzelnen Wahllokalen ebenfalls an eine zentrale zivilgesellschaftliche Organisation durchgeben, um so ein Korrektiv zu der offiziellen Wahlkommission bilden zu können.

Das Misstrauen den offiziellen Zahlen gegenüber ist enorm. Dazu trägt auch bei, dass die über unterschiedliche Fernsehanstalten verbreiteten vorläufigen Zahlen erheblich differieren. Während die staatliche Anadolu Agentur die regierende AKP sowohl in Istanbul wie in Ankara weit vorne sieht, haben zwei andere große nichtstaatliche Agenturen davon völlig abweichende Zahlen.

Erdogan stellt sich selbst zur Wahl

Ministerpräsident Tayyip Erdogan, der wegen Korruptionsvorwürfen und seinem autoritären Regierungsstil vor den Wahlen erheblich unter Druck stand, hatte die Kommunalwahlen zu einem Referendum über seine Person erklärt. Sollte die AKP nicht wieder stärkste Partei werden, werde er zurücktreten. Erdogan wollte als Messlatte für Erfolg oder Misserfolg allerdings nicht die 50 Prozent für die AKP bei den letzten Parlamentswahlen 2011, sondern die 39 Prozent der AKP bei den Kommunalwahlen 2009 zugrunde legen. Die magische Marke für Erdogan sind 40 Prozent. Gewinnt er landesweit 40 Prozent, wird er sich zum Sieger erklären.

Allerdings könnte sich dieser Sieg in sein Gegenteil verkehren, wenn die AKP Ankara oder gar Istanbul verlieren sollte. Mit einem Sieg bei den Kommunalwahlen 1994 in Istanbul begann der Aufstieg Erdogans – sollte seine Partei Istanbul verlieren, wäre das für ihn der Anfang vom Ende.

Sollte es am Ende in Istanbul und/oder Ankara ein knappes Ergebnis geben, ist schon jetzt klar, dass die jeweils unterlegene Seite das Ergebnis nicht anerkennen wird. Vor allem in Istanbul wird es wohl Protestdemonstrationen der einen oder anderen Seite geben.

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