Kommissionschef zur Bundeswehrreform: "Die Politik hat der Mut verlassen"
Der Chef der Strukturkommission Weise findet die Bundeswehrreform zu mutlos. Beispielsweise könne Deutschland auf eine eigene Flotte verzichten.
NÜRNBERG dpa | Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hält die geplante Bundeswehrreform für unzureichend. Weise hatte die Strukturkommission zur Reform der Bundeswehr geleitet.
Zwar seien etwa 70 Prozent der von ihm mit erarbeiteten Vorschläge umgesetzt worden. Dennoch sei darauf verzichtet worden, die Armee der neuen internationalen Sicherheitslage anzupassen, sagte Weise bei einer Veranstaltung im Nürnberger Presseclub.
"Ich habe den Eindruck, die Politik hat nach dem Weggang von (Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu) Guttenberg der Mut verlassen". In seinen Augen sei die Reform zu klein ausgefallen, unterstrich der BA-Chef und Reserveoffizier.
"Was ich bedauere, dass die jüngste Reform nicht dafür genutzt wurde, die Bundeswehr neu zu denken", sagte Weise. Stattdessen habe sich Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) darauf beschränkt, die Armee zu verkleinern. "Nach meiner Ansicht ist die Struktur der Bundeswehr nicht mehr der internationalen Lage angemessen".
So frage er sich, ob eine in die Nato integrierte Bundeswehr tatsächlich noch aus fünf Teilstreitkräften bestehen müsse. "Die Engländer haben beispielsweise eine große Flotte. Da stellt sich für mich die Frage, ob wir da wirklich noch eine Flotte in der heutigen Form brauchen".
Soldaten werden nicht arbeitslos
Weise zeigte sich zugleich zuversichtlich, die 50.000 von der Bundeswehrreform betroffenen Zeitsoldaten in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Die örtlichen Arbeitsagenturen seien bereits dabei, sich um die Daten der Betroffenen zu bemühen, um ihnen möglichst schnell einen Arbeitsplatz in zivilen Unternehmen anbieten zu können.
Angesichts der vielen offenen Stellen seien die Chancen vor allem für jüngere Soldaten gut. "Die Strukturkommission hat extra den Verzicht von Abfindungen vorgeschlagen. Denn ich meine, der Markt nimmt die auf". Einigen älteren, schwerer vermittelbaren Bundeswehrsoldaten könnte hingen die Arbeitslosigkeit drohen, räumte der BA-Chef ein.
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