Kommerz oder Kultur: Möbelhaus modert weiter
Verhandlungen über Kreativ-Nutzung des Ex-Möbelhauses Brandes ziehen sich. Projektentwickler schiebt es auf die vielen Interessenten und die Behörden.
![](https://taz.de/picture/195194/14/Moebelhaus.jpg)
Zeit ist relativ. Das wussten die alten Griechen, das wissen moderne Quantenphysiker, und das erklärt der Projektentwickler und CDU-Abgeordnete Andreas Wankum jedem, der fragt, wann das Kultwerk West endlich in das Ex-Möbelhaus Brandes an der Reeperbahn einziehen kann.
Das ist schon länger der Plan, und wenn es nach den Kultwerk-Leuten ginge, wäre der Sommer 2013 ein schöner Termin. Derzeit residiert der ehrenamtliche 13-Personen-Verein nämlich auf 80 Quadratmetern in der Kleinen Freiheit und veranstaltet Diskussionen über jüdische Widerstandskämpferinnen, Gentrifizierung, Social Media und Museumsentwicklung auf bequemen Sofas und harten Stühlen.
Alles schön, aber: beengt. Und dann entstand irgendwann die Idee, dass man ins Erdgeschoss des leer stehenden und eigentlich zum Abriss vorgesehenen einstigen Möbelhauses Brandes ziehen könnte. Die 300 bis 400 Quadratmeter dort würde ihnen ein ungenannter Mäzen mietfrei überlassen, und dann könnte man endlich ein kleines kulturelles Zentrum daraus machen, das auch tagsüber öffnet, mit einem Café, das Kultwerk-Frau Sigrid Berenberg selbst betreiben wolle. Sie könnte dann als Hausmeisterin fungieren und die Räume auch tagsüber soziokulturellen Gruppen zur Verfügung stellen: „In der kleinen Freiheit geht das nicht, weil wir keinen haben, der auf- und abschließen kann.“
Derzeit aber, so scheint es, stocken die Verhandlungen. Denn zwar hat Ernst Brandes das Grundstück dem Projektentwickler Wankum zur Planung anhand gegeben, aber Brandes ist weiterhin Grundstückseigentümer. Will sagen: Ein unterschriebener Kaufvertrag existiert noch nicht, denn er hängt davon ab, was genau auf dem L-förmigen Grundstück passieren soll.
Dies wiederum verhandelt Wankum, sagt er, „mit mehreren Interessenten, darunter auch der vom Kulturwerk erwähnte Mäzen.“ Und natürlich geht es da auch um Preise. Nicht nur, dass Brandes vermutlich möglichst viel für sein Grundstück zwischen Nobistor und Holstenstraße erlösen will. Es geht auch die Furcht um, dass die Preise mit zunehmender Verhandlungsdauer steigen. Der Kultwerk-Mäzen wiederum will einen „vernünftigen“ Preis zahlen. Sollte jemand anders mehr bieten, so die Furcht, wäre der Mäzen raus – und mit ihm die Kultwerk-Vision. Dann würde das heruntergekommene Ex-Möbelhaus profitableren Dingen – Wohnungen etwa – weichen.
Andererseits ist da noch Andy Grote (SPD), Leiter des Bezirksamts Mitte. Er hat bereits gesagt, dass er sich auch Kultur auf dem Grundstück wünscht, vielleicht sogar einen Musik-Club im Keller des Möbelhauses. „Wir bemühen uns um eine Lösung, in die das Kultwerk einbezogen ist, aber wir sind noch lange nicht am Ziel“, sagte er. Sein Bezirksamt muss übrigens auch den Bauvorbescheid ausstellen, der Voraussetzung für den endgültigen Kaufvertrag zwischen Wankum und Brandes ist.
„Behördenmühlen mahlen langsam“, sagt derweil Wankum. Zudem liege das Grundstück genau zwischen den Bezirken Mitte und Altona, und das mache die Sache kompliziert. Und abgesehen davon, dass er selbst wirtschaftlich denken müsse, wolle er niemanden unter Druck setzen, und Verhandlungen dauerten eben. Die liefen ja erst seit August 2011. „Für eine Immobilie ist das keine lange Zeit.“
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