Kommentar: Feldzug gegen die Kreuzritter
Das Attentat im Libanon, em sechs spanische Soldaten der UN-Friedenstruppe zum Opfer fielen, trägt die Handschrift al-Qaidas. Dem Zedernstaat droht eine Destabilisierung durch die Dschihadisten.
D er tödliche Anschlag auf Soldaten der Libanon-Schutztruppe der Vereinten Nationen (Unifil) kam nicht überraschend. Als "Kreuzritter" hatte der stellvertretende Al-Qaida-Chef, Aiman al-Sawahiri, die an der Grenze zu Israel stationierten Blauhelme schon Anfang des Jahres bezeichnet und angekündigt, sie zu bekämpfen. Auch die seit über einen Monat in Gefechte mit der libanesischen Armee verwickelte sunnitische Terrorgruppe Fatah al-Islam soll Aussagen verhafteter Kämpfer zufolge Anschlagspläne gegen Unifil ausgearbeitet haben.
Wer genau hinter dem Anschlag auf die Soldaten der UN steckt, ist unklar. Vieles deutet jedoch auf eine Täterschaft des lose organisierten Terrornetzwerks al-Qaida hin. Deren oberstes Ziel im Libanon ist schnell benannt: Dem Vorbild ihrer mordenden Glaubensbrüder im Irak und in Afghanistan folgend, wollen sie die internationalen Truppen möglichst rasch vertreiben.
Um die Zedernrepublik als Rückzugs- und Rekrutierungsraum für ihre Kämpfer im Irak weiter auszubauen, stehen darüber hinaus die staatlichen Institutionen im Visier der sunnitischen Dschihadisten. Eine Serie von Anschlägen gegen beliebte Ausgehziele in Beirut und Umgebung hat das Land in den vergangenen Wochen destabilisiert. Je geringer der Einfluss des Staates, so die Logik hinter den Anschlägen, umso besser für al-Qaida und ihre Verbündeten: In von Armee und Polizei nicht kontrollierten Gegenden im Nordlibanon und in der Bekaa-Ebene üben sie schon heute in Trainingslagern für den globalen Dschihad.
Die Täter vom Wochenende dürften sich einiges von der schiitischen Hisbollah abgeschaut haben, jener vom Iran unterstützten Miliz, die 1983 mit Anschlägen multinationale Truppen aus dem Libanon vertrieben hatte. Das Attentat auf die Unifil-Soldaten war daher sicher nicht das letzte, vor allem, weil in den beteiligten Staaten in nächster Zeit über die Zukunft des Einsatzes entschieden wird. Der Libanon ist auf die Präsenz der Blauhelme dringend angewiesen - sonst versinkt er noch weiter in Chaos und Gewalt. MARKUS BICKEL
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