Kommentar: G-8-Exzesse aufklären

Der G-8-Gipfel ist vorbei, doch zu klären gibt es noch einiges: Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren und die Übergriffe der Polizei.

Der G-8-Gipfel ist längst vorbei und der Zaun um Heiligendamm abgebaut. Ist es da nicht sinnvoll, die Scharmützel rund um den Gipfel ruhen zu lassen? Nein. Denn die Auseinandersetzungen während des Gipfels haben so viele Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, dass es gut ist, wenn Aktivisten, Anwälte und Politiker an diesem Thema dranbleiben.

Ganz wichtig ist zum Beispiel, dass geklärt wird, wie weit die Befugnisse der Bundeswehr im Rahmen der "technischen Amtshilfe" gehen können und wo sie enden. Dass es in dieser Frage bisher nicht einmal eine gesetzliche Regelung gibt, ist eine unhaltbare Situation. Gerade in innenpolitischen Konfliktlagen sollte die Bundeswehr zu wenig mehr herangezogen werden als zum Verteilen von Erbsensuppe an hungrige Polizisten.

Unabhängig davon muss die Bundesregierung Verantwortung übernehmen für die hemmungslose Desinformation über den Umfang des Bundeswehreinsatzes rund um Heiligendamm. Und das im eigenen Interesse. Denn wer glaubt der Bundeswehr noch, dass sie sich in Afghanistan an das Mandat des Bundestags hält, wenn dem Parlament schon hierzulande der Einsatz von Tornados und gepanzerten Spähfahrzeugen einfach verheimlicht wird.

Zu begrüßen sind auch Klagen gegen Polizeiübergriffe auf friedliche Demonstranten. Wenn der Vorwurf im Raum steht, dass Frauen mit Vergewaltigung bedroht wurden, Inhaftierte 12 Stunden lang mit Kabelbindern gefesselt blieben, Anwälten der Zugang zu ihren Mandanten verweigert wurde, dann sollte hier nicht zur Tagesordnung übergegangen werden. Deutschland ist weder Bananenrepublik noch Polizeistaat. Denn bei allem Ärger über die Exzesse von Polizei und Bundeswehr sollte nicht vergessen werden: Es gab große bunte und friedliche Demonstrationen und Kundgebungen, die trotz der Demonstrationsverbote nicht niedergeknüppelt wurden.

Die im Raum stehenden Vorwürfe müssen jedoch gerichtlich aufgeklärt werden. Sollte dies angesichts der namenlosen und oft martialisch vermummten Polizisten an Grenzen stoßen, muss die Justiz auf eine bessere Kennzeichnung der Beamten drängen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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