Kommentar: Bahner verdienen höhere Löhne
Der Bahnstreik nervt zwar - aber er ist richtig. Denn steigende Gewinne müssen sich in steigenden Tariflöhnen niederschlagen.
E s ist ärgerlich, morgens am Bahnsteig zu stehen und vergeblich auf einen Zug zu warten. Es ist peinlich, wenn ein Unternehmen Aufträge nicht pünktlich abarbeiten kann, weil die Güterzüge nicht fahren. Es ist klimapolitisch schlecht, wenn Bahnkunden in den kommenden Tagen ins Auto oder Flugzeug umsteigen müssen. Alles richtig. Und dennoch gilt: Die Streiks bei der Bahn müssen sein und verdienen die Langmut der Kunden.
Stephan Kosch ist stellvertretender Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt bei der taz.
Denn anders als im vergangenen Herbst will die Bahngewerkschaft Transnet nicht mit Streiks Druck auf die Parlamentarier ausüben, um sie zu einer konzernfreundlichen Variante der Bahnprivatisierung zu bewegen. Und auch der Machtkampf zwischen den verschiedenen Bahnergewerkschaften ist für den Kunden nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist: Sowohl die Gewerkschaft der Lokführer als auch die Tarifgemeinschaft Transnet/GDBA kämpfen um höhere Löhne. Und das geht völlig in Ordnung.
Schließlich haben bislang die Mitarbeiter für den zunehmenden wirtschaftlichen Erfolg der Bahn bezahlt. Sie mussten aufgrund der Stellenstreichungen mehr arbeiten und haben gleichzeitig in der Vergangenheit nur moderate Lohnerhöhungen erhalten. Die Gegenargumente des Bahnmanagements, ein hoher Schuldenstand im Unternehmen und der zunehmende Kostendruck durch Wettbewerber, überzeugen nicht. Die Verschuldung von knapp 20 Milliarden Euro ist auch Folge des Kaufs teurer, weltweit tätiger Logistikunternehmen. Die sind allerdings so profitabel, dass mit ihren Gewinnen die fälligen Raten bezahlt werden können.
Und das zweite Argument des Managements spielt letztlich den Arbeitnehmern in die Hände. Denn gegen die Konkurrenten, die vor allem im Regional- und Güterverkehr an Bedeutung gewinnen, wird sich die Bahn langfristig nur durch bestmöglichen Service durchsetzen. Dazu sind motivierte Mitarbeiter nötig. Wenn Mehdorn tatsächlich die "beste Bahn" will, muss er die Regel beachten, die für alle Unternehmen gilt: Steigende Gewinne müssen sich in steigenden Tariflöhnen niederschlagen - das ist das gerechteste und einfachste Bonusprogramm für Mitarbeiter.
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