Kommentar: Mehr Sicherheit wagen
Atomkraft ist gefährlich - Störfälle und Terrorgefahr können nur eins bedeuten: Absch...en!
Klimaschützer der Woche: Brunsbüttel" - so prangte es bis Mitte vergangener Woche von den Werbeplakaten des "Deutschen Atomforums". Nach dem jüngsten Störfall in diesem AKW schickte man jedoch eiligst eine Firma los, um das Bild des Pannenreaktors zu überkleistern. Jetzt prangt auf den Plakaten stattdessen: "Klimaschützer der Woche: Gundremmingen".
Nick Reimer ist studierter Energieverfahrenstechniker. Er arbeitet im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt und befasst seit Jahren mit Atomkraft. Beim KiWi-Verlag erschien sein Buch "Wir Klimaretter".
Die hektische PR-Rettungsaktion verweist auf den schlichten Kern des Problems: Atomkraft ist gefährlich. Weder besteht das Personal von Vattenfall aus einem Kollektiv von Pfuschern und Idioten noch das der anderen AKW-Betreiber. Aber angesichts des von Vattenfall vorgelegten Berichts wird deutlich, dass selbst hochspezialisiertes Personal in einem AKW vor Probleme gestellt wird, die neu und unvorhersehbar sind und gegen die es deshalb keinen hundertprozentigen Schutz geben kann. Atomkraftwerke sind derart hochkomplexe Technologiesysteme, dass niemand mit absoluter Sicherheit für Sicherheit garantieren kann.
In Krümmel genügte eine Unregelmäßigkeit außerhalb des Reaktors, um den ganzen Laden zu gefährden. Angesichts dieser Erkenntnis kann niemand mehr ernsthaft glauben, dass deutsche Atomkraftwerke ausgerechnet gegen terroristische Gefahren sicher seien. Seit dem Wochenende ist neuer Schwung in die Debatte gekommen. Die Zahl derer, die die Atomtechnologie mit Stirnrunzeln betrachten, ist gewachsen. Selbst Union und FDP machen sich nunmehr die Sicherheitsbedenken der Deutschen zu eigen. Für die Politik wäre dies eine glänzende Gelegenheit, dem Wahlvolk neues Vertrauen einzuflößen: Seht her, wir nehmen eure Sorgen ernst! Allein: Auch diese Chance wird wohl wieder ungenutzt verstreichen. Dass jene, die heute Vattenfall an den Pranger stellen, morgen Eon und Co. verschonen werden, ist jetzt schon abzusehen. Denn die politische Debatte dreht sich nicht um Sicherheit, sondern um Ideologie.
Dabei wäre es so einfach, für mehr Sicherheit zu sorgen. Niemand kann ausschließen, dass Bomben in U-Bahnen, Bahnhöfen oder Flughäfen für schlimmste Verwüstungen sorgen. Aber ausschließen, dass sie in Atomkraftwerken explodieren, kann man schon: indem man diese abschaltet.
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