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KommentarRisiko einer Exportnation

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Liquiditätsengpässe der Banken sind vorerst behoben, aber die Vertrauenskrise an den Börsen bleibt. Den Zentralbanken bleibt nur noch ein Instrument.

I st es ein Crash auf Raten? Gestern fielen die Börsenkurse weltweit erneut. Offenbar haben die diversen Geldspritzen der Notenbanken ihr eigentliches Ziel nicht erreicht - sie konnten die Anleger nicht beruhigen. Die kurzfristigen Liquiditätsengpässe der Banken sind zwar vorerst behoben, aber die Vertrauenskrise an den Börsen bleibt.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Es ist beunruhigend, die Zentralbanken so machtlos zu sehen. Ihnen bleibt nur noch ein Instrument: Sie könnten die Leitzinsen senken und damit den Alan-Greenspan-Trick wiederholen. Der legendäre US-Notenbankchef pumpte immer Geld in den Markt, sobald sich eine Börsenkrise abzeichnete. Allerdings war diese lockere Zinspolitik nicht folgenlos: Irgendwo musste das billige Geld ja hin - und so kamen in den USA zahlungsschwache Bürger zu einem Hypothekarkredit, was nun alle Börsen in Schwierigkeiten bringt. Es ist nicht tröstlich, sich vorzustellen, dass die Notenbanken diesen Spekulationskreislauf erneut anwerfen.

Aber sind die momentanen Kursverluste überhaupt schlimm? Noch gehört es zu den Allgemeinplätzen der Börsenanalyse, dass die Turbulenzen auf den Finanzmärkten das Wirtschaftswachstum nicht stören werden. Und beruhigend wird den deutschen Kleinanlegern versichert, dass ihre Lebensversicherungen sowieso nie oder nur unwesentlich auf dem US-Immobilienmarkt investiert haben.

Das mag ja sein. Aber es wäre erstaunlich, wenn die US-Immobilienkrise nicht irgendwann auch Deutschland erreichte. Denn die leichtfertigen Kredite an die Häuslebauer sollten die Konjunktur in in den USA ankurbeln. Von diesen künstlich erzeugten Wachstumsraten in Amerika haben indirekt alle Exportnationen profitiert. Vorneweg Deutschland.

Momentan werden die Börsenturbulenzen in Deutschland eher finanztechnisch diskutiert. Da geht es um strengere Regeln für Ratingagenturen oder für Hedgefonds. Doch eigentlich steht die Debatte an, wie gefährlich es für die deutsche Wirtschaft ist, dass sie so einseitig vom Export abhängt. Die Ausfuhren sind der einzige Wachstumsmotor, während die Löhne schwächeln und der Binnenmarkt stagniert. Kommt es zum Börsencrash, dürfte es Deutschland besonders hart treffen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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