Kommentar: Kein Satz mehr für den Arschficker
Bushidos auftritt in Berlin sollte der letzte gewesen sein über den die Medien berichten. Andere Skandale sind wichtiger.
Dumm, sexistisch, homophob sind Bushidos Texte. Darin sind sich alle einig. Weil mit Dummheit, mit Frauen-, Schwulen- und Menschenverachtung aber viel Geld gemacht wird, bekommt dieses Bürschchen große Aufmerksamkeit. Nicht nur von Bravo, dem TV-Sender Viva und Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD). Der hatte nichts gegen Bushidos bigotten Auftritt beim Antigewaltkonzert am Samstag.
Es stört die Bushido-Fans nicht, dass ihr Idol, dessen Botschaft es ist, dass man als ungebildeter Mensch reich werden kann, den Schwulen, die gegen seine Texte demonstrieren, von der Bühne aus den Stinkefinger zeigt. Und siehe, es klingt, als geriere sich Bushido gar als Aidsaufklärer, wenn er seinen Fans rät: "Analverkehr aber nur mit Schutz". Sein Nachsatz - er wisse dies aus eigener Erfahrung - überhört man da gern. Gerade der aber hat es in sich.
Da Bushido bisher nicht als einer aufgetreten ist, der Sex mit Männern liebt, sind seine Analverkehrpartnerinnen wohl Frauen. Gar Frauen arabischer Herkunft wie er? - Die jedenfalls stecken gehörig in der Macho-Falle.
Junge Frauen aller Couleur in Kreuzberg, Neukölln oder Wedding haben die Nase gestrichen voll von den Jungen-Gangs mit vielfach migrantischem Hintergrund. Sie sind deren aggressiver Anmache ausgesetzt. "Votze" und "Schlampe" sind dabei noch zahme Wörter, die sie zu hören bekommen. Noch schlimmer trifft es junge Frauen aus migrantischen Kreisen. Das Kopftuch schützt sie nur vordergründig. Denn etliche sind der sexualisierten Jugendkultur ausgesetzt bei gleichzeitiger Unantastbarkeit der Jungfernhaut. Da lassen sich nicht wenige Teenager zu Analverkehr überreden oder zwingen, um hip zu sein oder den Freund zu halten.
Zu all dem Nein zu sagen, ist eine Frage des Selbstbewusstseins. Woher es nehmen, wenn der Mainstream Songs rauf- und runterspielt, in denen Frauen der letzte Dreck sind? Die Not dieser jungen Frauen ist kein Thema für die Medien. Das ist der eigentliche Skandal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid