piwik no script img

KommentarLeistung muss sich wieder lohnen

Die ersten der Berliner Ganztagsschulen geben wegen Personalmangel auf. Ein verschärfter Wettbewerb um so genannte benachteiligte Schüler könnte helfen.

Den Schulen fehlt Personal. Das ist weder neu noch falsch. So überrascht es kaum, dass die ersten beiden der gebundenen Ganztagsschulen aufgeben, weil sie ihre Ansprüche nicht erfüllen können. Dennoch bleibt das Scheitern dieser ambitionierten Schulform ein Skandal.

Wer die Schuld allein beim Schulsenator mit seinem eng gefassten Etat sucht, liegt falsch. So ist ein Teil der Lehrer zu bequem, um sich an den Nachmittagsunterricht zu gewöhnen. Anderen Schulen fehlt es noch an optimaler Organisation.

Ein Problem jedoch trifft alle, da sind sich die Fachleute einig: Die hohen Ansprüche von gebundenen Ganztagsschulen können allenfalls Einrichtungen erfüllen, die besonders viele Migranten oder Behinderte unter ihren Schülern haben. Denn nur diese Integrationsschulen bekommen mehr Personal. Soll aber eine Schule etwa ein Kind mit Downsyndrom oder ein paar kleine Türken aufnehmen, bloß damit sie die angestrebte Betreuung sichern kann? Die Antwort ist klar: Ja, sie soll! Leistung muss sich lohnen. Und Integration ist eine große Leistung.

Ein Großteil der Eltern scheut derzeit nichts mehr als eine Klasse mit vielen Migrantenkids. Die eigenen Kinder sollen in einem homogenen Umfeld lernen, ungestört durch die Andersartigkeit der Mitschüler. Das widerspricht zwar allen Erkenntnissen der Erziehungswissenschaft, doch die bei extremen Verhältnissen nicht einmal unbegründete Angst der Eltern verstärkt die soziale Trennung noch.

Nichts ist daher besser als ein verschärfter Konkurrenzkampf der Schulen um die sogenannten benachteiligten Kinder. Denn er stellt die Verhältnisse auf den Kopf: Schulen, die sich um alle Kinder kümmern, werden dank entsprechender Ausstattung für alle Eltern attraktiv.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • ID
    Ingo Drogi

    Natürlich soll Leistung sich lohnen, aber es kann nicht das Ziel sein Zurechnungsstunden für Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf oder zur Sprach- und Integrationsförderung, zur Erhaltung eines nicht ausreichend ausgestatteten Schulmodells zu nutzen. Diese Mehrzurechnung ist ja eben auf Grund der zusätzlichen Anforderungen zur Integration, Förderung der betreffenden Kinder und Klassen gedacht.

    Wenn wie im gebundenen Ganztag verpflichtend Schule zwischen 07:30 und 16:00 Uhr also 8,5 h stattfindet das muß es eben mehr sein als nur Aufbewahrung und Personalmangelverwaltung.

    Engagement und Motivation ist an unserer Schule sowohl im Lehrer- und Erzieherpersonal als auch bei den Eltern ausreichend vorhanden.

    Ingo Drogi

    Elternvertreter

    Hollerbusch Grundschule