Kommentar: Schulen brauchen frisches Blut
Lehrer boykottieren die altersgemischte Eingangsphase in Grunschulen. Der Senat hätte es leichter, wenn er mehr junge Pädagogen einstellen würde.
Der Lehrerberuf ist einer der schwersten, das weiß keiner besser als die Lehrer. Sie klagen über die Schüler - die oft schwierig und borniert sind -, die Stunden - zu viel davon - und die Verwaltung - die sich ständig neue Verbesserungen ausdenkt. In vielen Punkten haben die Pädagogen sogar recht. Aber eben nicht in allen. Und aus lauter Rechthaberei können sich manche gar nicht mehr vorstellen, im Unrecht zu sein. Wenn etwa Lehrer behaupten, dass das Lernen in gemischten Gruppen Schülern per se schade, irren sie gewaltig.
Was bei Geschwistern unumstritten klappt, können auch Schüler verschiedenen Alters: voneinander und miteinander lernen. Das haben Modellschulen gezeigt. Insofern ist es konsequent vom Senat, die guten Erfahrungen in geregelte Bahnen zu lenken und an allen Schulen umzusetzen.
Beschlossen wurde das vor fast vier Jahren. Dass der Widerstand nun so groß ist, verwundert indes kaum. Zum einen wollte Berlin als Pisa-Loser-Land in den letzten Jahren am liebsten überall Vorreiter sein und hat wie am Fließband neue Verwaltungsvorschriften produziert und oktroyiert: Ganztagsschule, Mittlerer Schulabschluss, Einschulung mit fünfeinhalb und nun das jahrgangsübergreifende Lernen. Viele dieser Reformen sind noch nicht mal richtig umgesetzt, da sollen die Lehrer schon für die nächste pauken. Klar, dass sie irgendwann rebellieren. Zumal die Mehrzahl der Pädagogen bereits an die Rente denkt und vor der Pensionierung steht.
Die schmalspurige Einstellungspolitik des Senats führt darüber hinaus dazu, dass die besten Nachwuchskräfte lieber auswandern und in Hamburg frische Ideen versprühen. Die alte Garde hält indes die Stellung in Berlin und blockiert sie mitunter auch. Wenn der Senat es mit der Altersmischung im Klassenzimmer ernst meint, dann sollte er nicht nur an die Schüler, sondern auch an das Personal denken und seine Einstellungspraxis ändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW