Kommentar: Streit verbindet politische Gegner
Paradoxerweise steigert die Rettungskampagne pro Tempelhof die Chancen, dass der Flughafen tatsächlich im Oktober zu existieren aufhört. Den voraussichtliche Erfolg des Volksbegehrens zwingt dessen Gegner zur Zusammenarbeit.
D as Volksbegehren mag der SPD, der Linkspartei und den Grünen wie ein böser Fluch vorkommen. Obwohl sich alle Parteien, selbst CDU und FDP, vor zwölf Jahren über die Schließung einig waren, trotz Senatsbeschluss und diverser Gerichtsurteile ist der Flughafen einfach nicht totzukriegen. Aber paradoxerweise steigert die Rettungskampagne pro Tempelhof die Chancen, dass der Flughafen tatsächlich im Oktober zu existieren aufhört.
Die Interessengemeinschaft der Flughafenfreunde treibt SPD, Linkspartei und Grüne vor sich her und einander förmlich in die Arme. Tempelhof ist als Objekt des Volksbegehrens momentan quicklebendig und zwingt die Tempelhofgegner dazu, ihre Argumente und Konzepte über Parteigrenzen hinweg abzustimmen und öffentlich zu machen. Gegensätze wie Opposition und Regierung verschwimmen hinter dem großen gemeinsamen Ziel, den Flughafen Tempelhof zu schließen. Bisher konnten sich gerade SPD und Linke sehr bequem hinter den Gerichts- und Senatsurteilen verstecken und sahen sich nicht genötigt, den Berlinern ihre Politik detaillierter auseinanderzusetzen.
Gleichzeitig wird auch die Debatte um die Nachnutzung intensiviert. Im Falle eines Volksentscheids werden die Bürger sehr genau wissen wollen, welche konkreten Pläne für das Areal und das Gebäude die Stillleger verfolgen. Ein Volkspark, wie ihn die Stadtentwicklungssenatorin in Aussicht stellt, klingt ja nicht übel, gerade für die Neuköllner und Kreuzberger. Noch besser wäre es, wenn die Entwürfe der Landschaftsplaner und Architekten bereits diskutiert werden könnten. Mit der öffentlichen Debatte über die Nachnutzung ist der Senat jedoch genauso spät dran die Parteien mit ihren Absprachen zur Gegenoffensive. Sie müssen sich beeilen.
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