Kommentar: Nichts dazugelernt
Dass der Deal heimlich eingefädelt wurde, wie seinerzeit die Leihcollection für den Hamburger Bahnhof, zeigt, dass die Beteiligten nichts dazu gelernt haben. Solche sensiblen Themen müssen mit offenem Visier verhandelt werden.
Nichts dazugelernt
Es war lange still geworden um Friedrich Christian Flick und seine fast 2.500 Werke umfassende Leihkollektion im Hambuger Bahnhof. 2003/2004 noch überschlugen sich die politischen Wogen, da Flick die Sammlung unter anderem aus dem Nachlass seines Großvaters, des NS-Rüstungsfabrikanten Friedrich Flick, erworben hatte. Als Unding galt auch, dass Flick der Zwangsarbeiter-Stiftung nicht beitreten wollte. Es folgte ein Mea culpa: Der umstrittene Sammler spendete 5 Millionen Euro an die Stiftung und beteiligte sich an der Finanzierung des Forschungsauftrags über seine Familiengeschichte. Reicht das zur sogenannten Wiedergutmachtung?
Es muss genügen. Sippenhaft in alle Ewigkeit gibt es nicht. Und Flicks 166-Kunstwerke-Geschenk an Berlin ist auch nicht schlecht. Offenbar nichts dazugelernt aber hat bis dato die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die damals wie heute den Flick-Deal heimlich einfädelte. Statt angesichts der sensiblen Materie mit offenem Visier zu operieren, glaubt man im Falle Flick nach wie vor verdeckt handeln zu müssen.
Dass genau so der Sammler samt Vergangenheit wieder ex negativo ins Gespräch kommen könnte, hat man dabei wohl vergessen. Ebenso dämlich ist, das Mäzenatentum zu feiern, anstelle dieses mit Vorsicht zu genießen. Zeigt es doch die eigenen Defizite auf: nämlich die fatale Politik schwindsüchtiger Einkaufsetats für die Museen.
Aus Sicht des Stiftungspräsidenten bedeutet die Flick-Schenkung sicher einen Coup. In Wahrheit ist sie ein erneutes Beispiel, wie man es nicht machen sollte. Lehmann ist noch ein paar Monate im Amt. Sein Nachfolger sollte andere Spielregeln bei Schenkungen beherzigen.
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