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KommentarGlietsch wirft alle in einen Topf

Antje Lang-Lendorff
Kommentar von Antje Lang-Lendorff

Polizeipräsident Dieter Glietsch hat angeordnet, dass Zivilpolizisten im Dienst keine Kleidung mehr tragen dürfen, die in der rechtsextremen Szene als Erkennungszeichen dienen. Das ist nur bedingt eine gute Idee.

Eine mehr als erfreuliche Entwicklung: Polizeipräsident Dieter Glietsch hat angeordnet, dass Zivilpolizisten im Dienst keine Klamotten mehr tragen dürfen, die der rechtsextremen Szene als Erkennungszeichen dienen. Glietsch setzt damit ein Zeichen: Sympathien mit dem rechten gesellschaftlichen Rand - gar offen zur Schau getragen - werden in seiner Behörde nicht geduldet. Diese Dienstanweisung zeigt, dass Glietsch die Abgrenzung von rechts nicht nur nach außen proklamiert, sondern auch nach innen durchsetzen will.

Doch genau hier, bei der Umsetzung, beginnt das Problem. Denn die Dresscodes der Rechtsextremen sind nicht immer so eindeutig, wie es in der Anordnung klingt. Die Beliebtheit der Produkte wechselt, die Zuschreibungen wandeln sich.

Auch die Haltung der Unternehmen ist ganz unterschiedlich: Klamotten etwa von Lonsdale mögen unter Rechten als Identifikationsmerkmale dienen. Die Firma versucht aber seit Jahren, von diesem Image loszukommen. Sie distanziert sich von rechten Inhalten und unterstützt antirassistische Initiativen. Ähnlich Fred Perry: Auch dieses - übrigens auf einen Juden zurückgehende - Unternehmen hat sich deutlich von seinen rechten Käufern abgegrenzt.

All das findet in Glietschs Vorschrift keine Beachtung. Der Polizeipräsident wirft zehn Marken einfach so in einen Topf. Die Haltung des jeweiligen Unternehmens spielt keine Rolle. Das Ergebnis wirkt stigmatisierend: Wer auf der schwarzen Liste steht, erleidet natürlich einen Imageschaden. Die Firmen werden sich dagegen zu wehren wissen. Dass die Verordnung rechtssicher sein soll, ist nur schwer vorstellbar.

Eines macht die Problematik deutlich: Natürlich muss man die Symbolik von Kleidung ernst nehmen. Noch wichtiger aber ist, das Denken zu ändern, das dahintersteht. Man sollte mit Argumenten überzeugen. Gäbe es in den Reihen der Polizei kein rechtes Gedankengut, die Verordnung wäre völlig überflüssig.

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Antje Lang-Lendorff
wochentaz
Teamleiterin Gesellschaft in der wochentaz. Seit 2007 fest bei der taz, zunächst im Berlin-Teil, dann in der Wochenend-Redaktion. Schwerpunkte: Soziales und Reportage.
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2 Kommentare

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  • IS
    Isabella Schneider

    Viel schlimmer sind die versteckten Sympathien,eben die nicht öffentlich zur Schau getragenen.Solange sie Lonsdale tragen kann man wenigstens in etwa ihre Gesinnung erkennen,also weshalb verbieten.Man sollte auch einem Polizisten die Freiheit zugestehen,sich zu outen.

  • HM
    H. Meier

    Vor allem zeigt diese Aktion wes simplen Geistes Kind dieser Mann ist, der dieses politisch wie faktisch wichtige Amt bekleidet. Gleichzeitig stellt sich damit die Frage nach den Strukturen, welche es gestatten einen geistig derart simpel strukturierten Mann in dieses Amt zu hieven.