■ Kommentar: Verdrossenheit
Wem es darum geht, die vielbeschworene Politikverdrossenheit zu fördern, der kann von Stadtentwicklungsbehörde und Senatsschef Voscherau viel lernen. Der von ihnen initiierte Vertrag zwischen der Stadt und den Investoren von „Büll & Liedtke“ ist genau der Boden, auf dem der Unmut gegegen „die da oben“ vortrefflich gedeiht.
Auf Grundlage einer Entscheidung des Senats und der Senatskommission für Stadtentwicklung wurde Investoren ein Gelände zugeschanzt und die Baugarantie für zwei Büroklötze erteilt, ohne daß der dazugehörige Bebauungsplan verabschiedet wurde und Bezirksparlamente, Bürgerschaft sowie AnwohnerInnen ihre Positionen hätten vortragen und mit Senat und Steb ergebnisoffen diskutieren können.
Die Folge: Ein Maulkorb für ein Planungsbüro sowie BürgerInnen, die damit vor den Kopf gestoßen werden, daß man „ja über alles reden kann“, nur just nicht über die beiden Bauwerke, die sie am meisten stören.
Auf dem AnwohnerInnenworkshop machte Egbert Kos-sak deutlich, wie perfide die von ihm mit-initiierte Situation ist: Einerseits seien die Büroplanungen mangels detaillierter Architektenentwürfe ja noch gar nicht so weit, daß man über das Projekt überhaupt schon qualifiziert streiten könne. Andererseits sei über das Bauprojekt durch den Vertrag mit den Investoren so weit entschieden, daß ein Streit die Planungen sowieso nicht mehr kippen könnte.
Der Eindruck, daß Politiker und Investoren hier miteinander kungeln und jede BürgerInnenanhörung höchstens Alibi-Charakter hat, wird sich nicht mehr revidieren lassen. Weil er einfach richtig ist. Marco Carini
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