■ Kommentar: Ein freudloses Umfeld
Über den Lustgarten zu wandeln ist heute keine Lust. Meist fegt der Wind über den Platz, oder es dröhnt der Autoverkehr von der Karl-Liebknecht-Straße herüber, und die Aussicht von den Stufen des Alten Museums auf die Schloßplatzbrache gegenüber nebst abgerissenem DDR-Außenministerium bietet städtische Ödnis. Da macht es nichts, wenn sich ab und zu ein Karussell auf dem Freiraum dreht, das macht den Platz nicht schlechter. Wenn Stadtentwicklungssenator Peter Strieder glaubt, mit einem – noch dazu „internen“ – Wettbewerbsverfahren zur Umgestaltung des Lustgartens die steinernen Fläche retten zu können, um einen „Stadtgarten“ daraus zu machen, begeht er einen Fehler.
Denn nicht der Lustgarten mit seinen Platten, Baumreihen oder der dicken Vase ist das Problem. Vielmehr ist es das Umfeld, das den Platz so dröge erscheinen läßt. Der Wind wird kaum weniger zugig, die Autotrasse nicht schmaler und die Ansicht gegenüber nicht schöner, wenn Strieder ein paar Bäumchen pflanzt oder von Künstlerhand dort Skulpturen aufstellen läßt. Den Konflikt des Lustgartens mit der Karl-Liebknecht- Straße sowie dem Schloßplatz hatte schon Gerhard Merz gesehen und ihn einfach mit zwei Bushaltestellen-Pavillons „gelöst“.
Zwischen dem Altem Museum und dem barocken Stadtschloß, der Bauakademie und dem Dom hatte Schinkel den Platz als „Ehrenhof“ für die Bürger im Gesamtkonzept angelegt. Nur so erfüllte er seine Funktion. Unklar sind aber heute genau zwei „Ränder“, die den Platz einfassen: der Schloßplatz mit dem Palast der Republik und die Bauakademie. Solange ihre Zukunft unklar ist, ist es die des Lustgartens ebenso. Die separate Umgestaltung der Fläche ohne ein Konzept für die gesamte Mitte wäre darum verschenkt. Rolf Lautenschläger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen