■ Kommentar: Mittäter Polizei
Vorfälle wie die rassistischen Pöbeleien gegen zwei Frauen mit einem farbigen Kind auf dem Flughafen Schönefeld scheinen einem schlechten Film entnommen zu sein, einem Film mit armselig klischeehaftem Drehbuch. Vorfälle wie diese sind trauriger Alltag in Deutschland, ereignen sich jede Woche hundertfach in der gesamten Republik. Der Vorfall unterscheidet sich dennoch gravierend von anderen dieser Art: Die Staatsmacht, die Exekutive in Gestalt des Bundesgrenzschutzes, war teilweise dabei, als die beiden Frauen von einem Trupp Betrunkener mit neonazistischen Worten beschimpft wurden und sich über eine der beiden ein Kübel Joghurt ergoß. Schlimmer noch, die beiden Frauen hatten die Bundesgrenzschutzbeamten um Hilfe angefleht – sie fühlten sich nicht zuständig und ließen sich von grölenden Randalierern einschüchtern, statt ihrer Pflicht nachzukommen. Daß hinterher ein mögliches Eingreifen mit Unverhältnismäßigkeit begründet wurde, ist eine Verhöhnung der vielbeschworenen rechtsstaatlichen Prinzipien – und die posthume Rechtfertigung für blanke Feigheit. Der Vorfall spricht für sich. Viel ist in diesen Tagen die Rede von der wehrhaften Demokratie, vom Gewaltmonopol, das nur beim Staat liegen dürfe. Solange es oftmals nicht nur Stunden dauert, bis die Polizei am Tatort rassistischer Ausschreitungen erscheint, schlimmer noch, solange die Polizei sich nicht zuständig fühlt, wenn sie am Ort des Geschehens ist, so lange ist der Ruf nach Verschärfung von Gesetzen ein propagandistisches Ablenkungsmanöver. Und solange die Polizei selbst in einer vergleichsweise ungefährlichen Situation nicht eingreift und ermittelt, bleibt der Vorwurf bestehen, daß die Exekutive tatsächlich blind ist auf dem rechten Auge. Kordula Doerfler
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