Kommentar: Überreizte Taktik
■ Jammern macht Schule unerträglich
Bremens Schulen sind fest in den Händen von Masochisten. Wenn man ernst nimmt, was 1.500 LehrerInnen gestern in einer Personalversammlung über ihren Arbeitsplatz gesagt haben, dann können sie es dort eigentlich nur aushalten, wenn sie Lust am ganzen Leid von Elend, Dreck und Spardiktat finden. Und auch ihr oberster Chef, Bildungssenator Henning Scherf, muß es lieben, gehaßt zu werden. Warum sonst würde er seinen Schulrat – wie in dieser Woche geschehen – die Leiter Innen von Bremens Sonderschulen dazu aufrufen lassen, doch bitte möglichst zahlreich zur Protestdemonstration vor das Rathaus zu ziehen.
Doch obwohl LehrerInnen und Senator ihren Masochismus wirklich überzeugend darstellen, es bleibt ein Rest von Mißtrauen. Wer wie der Personalrat Schulen und die GEW seit Jahren bei jeder Sparrunde jammert, nun breche endgültig alles zusammen, dem glaubt man irgendwann nicht mehr. Und wer sich wie Henning Scherf seit Jahren Proteste organisiert, nur um damit die eigene Position im Senat zu stärken, der vergißt, daß auch der beste Taktiker mal überreizen kann.
Was Bremens Schulen zur Zeit vor allem fehlt, ist nicht das Geld. Fatal ist vielmehr, daß die Klagemethoden im Kampf um eine sicherlich wünschenswerte bessere Ausstattung verhindern, daß Schule auch Spaß machen kann. Dirk Asendorpf Asendorpf
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