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■ KommentarSündenfall

Wer beim Sündigen ertappt wird, reagiert entweder mit Scham oder mit Hochmut. Henning Voscherau tat bei der gestrigen Vorstellung der neuen Flügelbauten selbstverständlich zweiteres. Der baukulturelle Sündenfall, daß ein Staatsgebäude an einer der prägnantesten Stellen der Stadt ohne Wettbewerb und unter völligem Ausschluß der Öffentlichkeit entwickelt und gestaltet worden ist, veranlaßte den Bürgermeister nur zu zynischen Bemerkungen. Jeder Architekt, dem die Fassade nicht gefalle, habe doch jetzt die Möglichkeit, „selbst etwas Besseres zu präsentieren.“

Nicht genug, daß Voscherau die Architekten damit „zu einem Gesetzesbruch auffordert, denn die gesetzliche Gebührenordnung für Architekten verbietet unentgeltliche Vorleistungen“ (Architektenkammerpräsident Peter Erler). Viel unappetitlicher ist, daß Hamburgs Regierungs-chef und mit ihm sein Oberbaudirektor erneut auf das Deutlichste bestätigen, daß Stadtentwicklungspolitik in dieser Stadt mit dem Segen des Senats von den Investoren gemacht wird.

Helmut Greve meint, daß Wettbewerbe eh nicht zu besseren Ergebnissen führen, weil Architekten nur ihre persönliche Duftnote hinterlassen wollen, und daß diese zum Wohle der Stadt doch selber Entwürfe spendieren sollen. Und dieser Meinung schließen sich Senat und Universität an, um das großenteils steuerlich absetzbare Geschenk nicht zu gefährden.

In der Konsequenz bedeutet dies: Architektur ist ein teures Hobby für Ästheten, und die Gestalt der Stadt bestimmen jene, die es sich leisten können.

Die City-Süd läßt grüßen.

Till Briegleb

Bericht Seite 22

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