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■ KommentarKrähen in Uniform

Da sollen Polizisten ins Drogenmillieu verstrickte Asylbewerber auf vielfältige Art und Weise mißhandelt haben, weil sie nicht befürchten mußten, daß sich die Mißhandelten melden oder Ihnen jemand glaubt. Und als sich dann trotzdem ein Zeuge meldet, der nach eigenem Bekunden mißhandelt wurde, zeigt sich tatsächlich, wie recht die vermeintlichen Täter behalten dürften. Dem vermeintlichen Opfer wird erst unterstellt, er würde die Aussagen erfinden, um nicht abgeschoben zu werden und dann ein Bagatell-Drogendelikt von Teilen der Polizei medienwirksam genutzt, um den Zeugen zu demontieren.

Egal ob jedes Wort von Boatengs Aussage stimmt, egal auch, ob der Vorwurf, er habe gedealt, beweisbar ist: Der Umgang mit dem Ghanaer zeigt, daß Mißhandler aus den Reihen der Polizei in Hamburg nichts zu befürchten haben. Kein Hinweis darauf, daß die Staatsanwaltschaft der Ermittlung der für die behauptete Mißhandlung infrage kommenden Polizeibeamten näher gekommen sind. Dafür eine stattliche Anzahl von Zeugenaussagen, die belegen, daß die Ermittler in der Hamburger Drogenszene aktiv sind, um dort Material zusammenzutragen, die Boateng in ein möglichst kriminelles Licht rücken, seine Glaubwürdigkeit infrage stellen.

Sollte es in Hamburg weitere Opfer polizeilicher Mißhandlungen geben, so kann ihnen nur empfohlen werden, bloß zu schweigen. Ein Spießrutenlauf blühte ihnen sonst. Zumindest wenn sie nicht weiß, deutsch und drogenfrei sind, über ein erstklassiges polizeiliches Führungszeugnis und eine makellose Vergangenheit verfügen. Eine Krähe in Unform hackt der anderen eben kein Auge aus – auch nicht nach dem Polizeiskandal.

Marco Carini

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