Kommentar: Kein Gegengift
■ Großkoalition ermächtigt sich
Seit Januar wird Bremen mit einem Ermächtigungsgesetz regiert. Mit der Mehrheit der Großkoalition hat die Bürgerschaft ihr vornehmstes Recht, die Zuständigkeit für die Finanzen des Landes, in die Hände des Senats gelegt. Über mehr als eine Milliarde Mark kann er bis Juni verfügen, ohne die gewählten ParlamentarierInnen überhaupt nur zu fragen. Und das Fatalste ist: obwohl dies offensichtlich gegen die Landesverfassung verstößt, läßt sich gegen die übermächtige Mehrheit der Großen Koalition daran nichts ändern.
Eine Klage vor dem Staatsgerichtshof würde kaum nützen. Denn bis zu einem Urteil gingen ein bis zwei Jahre ins Land, die Rechtmäßigkeit der Staatsausgaben in der ersten Hälfte des Haushaltsjahres 1996 wäre dann nur noch von historischem Interesse. Und die Projekte, die jetzt schon ohne Parlamentsbeschluß vom Senat in die Knie gezwungen werden, haben keine Möglichkeit, sich juristisch zu wehren. Denn ihre Zuwendungsbescheide werden vorsorglich stets auf das Haushaltsjahr befristet.
Helfen könnte nur der Landesrechnungshof. Er hätte die Möglichkeit, schnell und deutlich zu reagieren. Doch obwohl die Kritik an dem im Januar beschlossenen Ermächtigungsgesetz schon im Dezember begann, hat er sich bisher noch keine Meinung gebildet. Er ist noch nichtmal handlungsfähig: seit Wochen ist sein vierköpfiges Präsidium nur zur Hälfte anwesend. Dirk Asendorpf
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