■ Kommentar: Schreckens-Gleichung
Die Bilanz des Polizeieinsatzes gegen die verbotenen KurdInnen-Demos liest sich famos: Keine Ausschreitungen, keine zersplitterten Fensterscheiben, keine verletzten Beamten. Denn mit all dem, so hatten die Polizei am Tag zuvor und Innensenator Wrocklage bereits vergangene Woche suggeriert, hätte man ohne ein massives Aufgebot an Einsatzkräften rechnen müssen. Denn es waren ja KurdInnen, die da auf die Straße gingen.
Das Kalkül ist einfach: Erst wird der Kurde an die Wand gemalt, um mit Demonstrationsverboten und Großeinsätzen wieder ausgetrieben zu werden. Kommt es dann zu den prophezeiten und durch die Beschneidung des Demonstrationsrechtes provozierten Krawallen, hat man es ja schon immer gewußt. Bleibt es ruhig, dann nur dank des entschlossenen Eingreifens der Polizei.
Auch wenn der kurdische Fackelzug – von Tanz und nicht von Terz begleitet – keine Hinweise dafür lieferte, daß mit Randale zu rechnen war, auch wenn die Hamburger Newroz-Umzüge der vergangenen Jahre stets festlich und friedlich verlaufen waren: Die Demo mußte eingekesselt, 200 KurdInnen festgenommen und kriminalisiert werden – weil es ja nun mal gelungen war, den Aufmarsch mit Hilfe der Schreckens-Gleichung „Kurde gleich Krawall“ verbieten zu lassen.
Die Spirale der Eskalation ist bekannt: Einem Kundgebungsverbot folgen Empörung und spontane Protestaktionen, die dann genutzt werden, um die Verschärfung des Demonstrations- und Ausländerrechts zu fordern. Die Demontage der Versammlungsfreiheit und die Verstärkung einer fremdenfeindlichen Stimmung werden dabei billigend in Kauf genommen.
Am Mittwoch war es nicht die Polizei, die diesen Kreislauf durchbrach. Marco Carini
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