■ Kommentar: Abschied mit Charme
Das Experiment einer bürgerlichen Protestpartei in Gestalt der Statt Partei ist seit langem gescheitert. Ohne inhaltliches Profil, ohne ein Mindestmaß an Kontinuität und Kompetenz läßt sich eine fraglos vorhandene Lücke auf dem Wahlzettel nicht dauerhaft füllen.
Statt hat die nur dank Bürgermeister Henning Voscheraus persönlichem Einsatz gewährte Chance des Mitregierens, eine Gnade, die derartige Newcomer in deutschen Ländern gewöhnlich nicht erhalten, nicht nutzen können. Zwar fielen ihre Senatoren, gemessen am SPD-Standard, teils sogar positiv auf – daß ihre Arbeit aber mit der Statt Partei und ihrer Parlamentstruppe nichts gemein hat, hat sich bis zur letzten StimmbürgerIn herumgesprochen.
Zudem hat die Partei, geprägt von kaputten Egos und persönlichen Animositäten in Kombination mit absurden Unterwerfungs- und Aufmuckritualen gegenüber der SPD, zwar Stoff genug für saftiges Volkstheater geboten, die Politikverdrossenheit aber nur gesteigert.
Daß Statt Partei jetzt weitermacht, ist nur konsequent: Diese Polit-Schauspieler lassen sich durch Buhrufe und Gelächter nicht vertreiben. Sie treten erst von der Bühne ab, wenn das Reinigungspersonal die Bretter, die ihre Welt bedeuten, mit Feudel und Besen leerfegt.
Ihr verzögerter Abgang könnte freilich ein Gutes haben: Kosten die 0,6 bis 1,2 Stimmenprozente, die Statt bei normalem Wahlverlauf gerade so eben zuzutrauen sind, der FDP genau jene Stimmen, die diese zum Einzug in die Bürgerschaft benötigte, dann hätte der Abschied sogar einen leisen Charme.
Florian Marten
Siehe Bericht unten
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