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■ KommentarDreh dich weg, Ferdinand!

Verfassungsfragen sind Machtfragen, schrieb Ferdinand Lassalle. Dieser Sozialdemokrat wußte noch, daß in deutschen Landen das Recht nur gilt, solange alles prima läuft. Die Deutschen haben spät zur Verfasssungsmäßigkeit gefunden. Menschen- und Bürgerrechte wollte lange nicht mal das autoritätshörige Volk, von den Fürsten gar nicht zu reden. Der Flop von 1848, als das Professoren- und Beamtenparlament allzu penibel an die Grundrechte heranging, saß tief. 1933 wurden die Menschenrechte per Rechtsverordnung außer Kraft gesetzt – und niemand rührte einen Finger. Als Fortsetzung dieses verfassungshistorischen Trauerspiels kann man getrost auch den jüngsten Disput über die Bezirksgebietsreform sehen.

In Nationen mit starker demokratischer Tradition käme niemand auf die Idee, Grundregeln zu ändern, ohne das Volk oder wenigstens den Verfassungsgesetzgeber zu fragen. Und das sind nun mal zwei Drittel des Parlaments. Da braucht es gar keine feinsinnige Interpretation. An der Spree aber häuft sich der hemdsärmelige Umgang mit den Verfassungsnormen. Im Frühjahr wandte die CDU-SPD-Mehrheit ein Gesetz an, das es noch gar nicht gab, um ganze Teile von Hochschulen aufzulösen. Nun wird schon wieder an der Verfassung herumgepopelt – obwohl jeder Bezirk darin aufgezählt ist, ergo eine Gebietsreform einer Verfassungsänderung bedarf. Die bestallten Rechtsbeuger werden zu „juristischen Koryphäen“. Sowieso wird alles und immerwährend „geprüft“. Und die SPD – dreh dich weg Ferdinand! – prüft natürlich mit. Christian Füller

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