■ Kommentar: Verfahrensstreit lenkt ab
Die SPD und ihr Vormann Klaus Böger wollen die zweite Berliner Verwaltungsebene nur zusammen mit der Verfassung ändern. Wo Bezirksreform drin ist, soll die Zahl auch draufstehen! Innensenator Schönbohm hingegen plant die Reform, wie es ein Generalstäbler eben tut. Elegant bis trickreich portioniert er: zwei Drittel für eine unscheinbare Verfassungsänderung — und sich dann mit einfacher Mehrheit die Bezirke zurechtschneidern. Politisch wie verfassungsrechtlich sind beide Wege okay. Der Streit lenkt nur ab von der wesentlichen Frage: Welche Bezirke wollen wir eigentlich?
Und da scheint die SPD auf der richtigen Fährte. Maßstab einer Neugliederung der Bezirke darf nicht deren Zahl sein. Viel wichtiger ist, ob die Kieze die politische und soziale Substanz zur Integration haben. Das haben auch die neuen zwölf nicht, wenn die Sozialstruktur nicht berücksichtigt wird. Mailand und Mezzogiorno darf es nicht geben in einer Stadt. Das gleiche gilt für Politik und Verwaltung: Die kommunale „Demokratie“ ist in Berlin ein Sandkistchen für Hobbypolitiker. Je größer die Bezirke werden, desto mehr Serviceeinheiten braucht es. Steuern muß eine so bürgerfreundlich gemachte Verwaltung ein politisches Bezirksamt. Oder wozu kreuzen wir eigentlich Parteien an, wenn wir die Bezirksverordneten wählen? Christian Füller
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen