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KommentarFußketten mit Kugeln?

■ Santa Fu leidet keine Not: Dem Strafvollzug sind seine Kunden sicher

Der vermeintliche Massen-exodus aus Santa Fu, der seit Anfang der Woche die Gemüter erregt, verstellt den Blick auf das verbriefte Recht der Haftinsassen auf Vollzugslockerungen. Da haben tatsächlich drei Häftlinge dem ungastlichen Ort in Fuhlsbüttel den Rücken gekehrt und sind getürmt. Soll ja vorkommen.

Sollen nun etwa Ausflüge aus dem tristen Anstaltsalltag in die rauhe Wirklichkeit vollends untersagt werden? Die Antwort kann nur zugunsten der Inhaftierten ausfallen. Sie haben während der Zeit im Gefängnis kaum eine Chance, familiäre Bindungen und Kontakte nach draußen zu pflegen. Ihre Zukunft steht oft nicht einmal in den Sternen.

Ausgänge und Hafturlaube bilden die einzige Chance, ein Leben in Freiheit einzuüben. Das hofft nicht nur der Justizsenator. Die Zahlen geben ihm Recht: Santa Fu konnte mit über 500 Insassen noch nie über leerstehende Zellen klagen. Nur rund ein Viertel der Straftäter kommt überhaupt in den Genuß von Vollzugslockerungen. 99 Prozent von ihnen kehren zur rechten Zeit in die Anstalt zurück und genießen die Freiheit nicht wie eine Droge, sondern in kleinen Häppchen, wie es im Gesetz steht.

Die üblichen Unverbesserlichen fordern wieder mal das Ende des liberalen Strafvollzugs. Am liebsten würden sie ohnehin Fußketten mit Eisenkugeln wiedereinführen. Damit sie nach dem von ihnen beschworenen Massenausbruch die Flüchtigen besser verfolgen können, wenn diese in kleinen Gruppen zum Bahnhof Ohlsdorf humpeln. Lisa Schönemann

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