■ Kommentar: Kein Einzelfall
Ende gut, alles gut? Schön wär's. Nachdem der „bedauerliche Einzelfall“ (O-Ton Innenverwaltung) des Tamer F. bekanntgeworden ist, darf der „versehentlich abgeschobene“ Berliner Türke wieder einreisen. Vorübergehend zumindest. Ob er dauerhaft in seiner Heimatstadt bleiben kann, ist nach wie vor ungewiß. Wenn nun die Innenverwaltung von einem Versehen spricht und die verantwortliche Mitarbeiterin sogar eventuell die entstandenen Kosten tragen soll, soll damit wohl suggeriert werden, daß die Schuldige gefunden ist. Also tatsächlich ein „Versehen“?
Wer der Lesart von Innensenator Schönbohm folgt, verkennt aber, daß mit dieser Beschwichtigung das tatsächliche Problem unter den Teppich gekehrt wird: In der Abschiebemaschinerie sind Fälle wie der von Tamer F. geradezu programmiert. In einer Maschinerie, in der ein Abschiebehäftling auf Listen wie ein Stück Luftfracht verwaltet wird, muß es zwangsläufig zu solchem „individuellen Fehlverhalten“ (O-Ton Innenverwaltung) kommen. Da hilft natürlich auch kein sogenannter Notdienst der Ausländerbehörde, der die routinisierte und menschenunwürdige Abwicklung noch außerhalb der Bürozeiten fortsetzt. Julia Naumann
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