■ Kommentar: Burgmentalität
Besinnung ist nicht die Stärke der CDU. Anstatt den Hellersdorfer Krawall endlich als das zu sehen, was er war, nämlich ein gewalttätiger Nazi-Aufmarsch, den zu stoppen die Polizei unfähig war, üben sich der Innensenator und sein Polizeichef noch im Innenausschuß in Burgmentalitäten: keinen Fußbreit für PDS-Bürgermeister Uwe Klett, keinen Millimeter für das Demonstrationsverbot, kein schlechtes Haar am Verfassungsschutz und schon gar nicht an der „professionellen“ Polizei, die dem Nazitrupp tölpelhaft die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel empfahl – wohl wegen der Umweltfreundlichkeit der S-Bahn. Es ist verständlich, daß der Betonkopf Schönbohm auch nach dem Anschlag auf den Marzahner Buchhändler das Ausmaß der Krawalle nicht erkennen will und dafür die PDS in altbekannter Manier in die Anstifterecke stellt.
Kaum begreifbar aber ist, daß Polizeiboß Saberschinsky offensichtlich unter Realitätsverlust leidet, wenn er behauptet, keine Naziembleme – also Straftaten – gesehen zu haben. Er hätte nur seinen Fernseher einschalten müssen. Anstatt der politischen Polarisierung entgegenzuwirken, betreiben die beiden CDUler politische Brunnenvergiftung, wie Wolfgang Wieland von den Bündnisgrünen zu Recht kritisierte. Mit ihrer Haltung verhindern sie nicht weitere Ausschreitungen, sondern fordern sie heraus. Rolf Lautenschläger
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