■ Kommentar: Gagashow ade
Es schmerzt wenig, daß die Fast-food-Kultur auch an ihre Wachstumsgrenzen stößt. Drei Jahre hat die Lighthouse Theaterkompagnie mit „Shakespeare & Rock 'n' Roll“ musikalisch genervt und ist die Miete an die Freie Volksbühne schuldig geblieben. Ein Renner war das Musical nie, am Ende verloren sich nur noch ein paar provinzielle Zuschauer aus Suhl/Thüringen, Herne oder Schwäbisch Hall im Parkett. Jetzt fällt der letzte Vorhang, Lighthouse gibt auf, und niemand außer den arbeitslosen Bühnenarbeitern trauert der Gagashow nach.
Zu befürchten ist, daß es den anderen Musicalprojekten ähnlich ergeht, selbst wenn es derzeit wenig danach ausschaut. Als stünden hundert Broadways an der Spree, schießen derzeit die Produktionen aus dem Boden. Im Schiller Theater wird geträllert, im Flughafen Tempelhof „gespaced“, im Theater des Westens treiben es die alten Römer musikalisch. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Und vor den Toren wartet Musicalpapst Rolf Deyhle (Heulsuse „Miss Saigon“) mit dem Bau eines Stepp- Containers für den Potsdamer Platz. Einen Steinwurf weiter plant der Cirque du Soleil am Leipziger Platz ein Haus, und selbst am Nordbahnhof – den Ort kennen ja alle in der Stadt – soll der Bär einmal tanzen.
Nichts gegen ein gutes Musical. Aber was zu erwarten ist, sind B-Produktionen aus der Konserve. Dafür kommen die per Busladungen angekarrten Provinzler (siehe oben) gerade recht. Mensch, das ist Großstadt, sagen die. Wir sagen, die Stadt läßt sich nicht zu Tode amüsieren. Rolf Lautenschläger
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