■ Kommentar: Politikvermarktung
Peter Strieder hat, so scheint's, zwei große sozialdemokratische Vorbilder – Exbausenator Wolfgang Nagel und den ehemaligen Regierenden Bürgermeister Walter Momper. Politik muß im Zeichen von Multimedia und unaufhörlicher Bilderflut vermarktet werden. Das war schon die Devise der beiden SPDler: der eine mit dem rotem Schal, der andere stets vor Baustellen posierend. Aber gleich zwei Pressekonferenzen am Tag?
Gestern lud Umweltsenator Strieder zum „Mülltörn auf der Havel. Den Yachtclub Gothia, Gastgeber des Spektakels, mag's gefreut haben. Dreckig und vermüllt ist die Havel dort bestimmt, kein zumutbarer Zustand für die feinen Leute auf ihren feinen Segelbooten. Und die kostenlose Werbung im Auftrag des Senats schlägt keiner aus, der privatwirtschaftlich denken kann. Auch der Lions Club, mit dem Strieder heute Bänke auf den Gendarmenmarkt stellt, braucht sich um Imageschädigung nicht zu sorgen. Und auch die Berliner Stadtreinigung jubelt, daß sich der Senator endlich des entscheidenden Themas der Stadt angenommen und im Rahmen der „Aktion Sauberes Berlin“ das brandneue „Gehweg-Waschfahrzeug“ vorgestellt hat. Eine Waschmaschine, die immerhin „19.360 Kubikmeter Kehricht manuell, maschinell sowie aus Papierkörben“ einsammeln kann. Hoffentlich hat sich Strieder auch angeguckt, wohin der Weg seiner Vorbilder mit dem professionellen Politikkonzept geführt hat: in die Privatwirtschaft. Barbara Junge
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